URTEILE BÖCKLINS ÜBER ANDERE 177
zwei Figuren. Aber hierbei merkte er, dass das Ding unruhig
geworden war, und nun machte er den Heliodor fast auf der
gleichen Kompositionsbasis, aber frei, unabhängig und so gross
und breit in den einzelnen Versatzstücken und Figuren, dass
hier niemand mehr das Rechenexempel sieht, und wer es
findet, freut sich über seine geniale Einfachheit und Feinheit."
„Diese alttoskanische schwarz und weisse Architektur ist
sehr bezeichnend für die grossen Florentiner. Sie beweist:
sie verstehen ja weder was von Architektur noch von malerischer
Wirkung. Sonst könnten sie nicht die Sache immer gerade umge-
kehrt machen, wie sie gemacht sein will. Was soll z. B. bei dieser
Bauerei wirken? Die Gliederungen und nicht die tote Mauer.
Das Weiss tritt nun ohne Gnade vor Schwarz vor, weit
heraus. Sie aber haben es umgekehrt hinten in ihren Füllungen,
hinter schwarzen Säulen oder Pilastern. Da ist dann jede
Wirkung von vornherein aufgehoben und geärgert wird man
dazu. Umgekehrt sollten die Pilaster weiss sein und die
Füllungen etwa von poliertem schwarzem Marmor, der durch
diese Behandlung auch nicht mehr so brutal zu dem Weissen
stehen würde."
Vollständig unkünstlerisch schien ihm auch die Renais-
sancearchitektufr. Die „Architektur des schönen Scheins" zu-
gegeben (wenn auch ungern), hätte man sich doch auf den möglichst
exakten Ausdruck des Notwendigen, Zweckdienlichen in der
Fassade kondensieren sollen und hätte andrerseits das Relief,
dessen man sich zur Gliederung derselben bediente, so logisch
richtig wie eben möglich durchführen sollen. Aber da sind
womöglich die Profile der Fensterumrahmungen stärker als die
doch weit vorne gedachte Pilasterordnung der gleichen
Etage oder des Oberbaues, die Gesimsbänder, welche die Fenster-
tabernakel verbinden, überschneiden um ihre Dicke (natürlich
von der Seite gesehen, im Profil) die Pilaster, (wie sie freilich
nicht anders können) und so geht die gewollte Illusion oder
nur die logische Übertragung (einer gegliederten Fenstermauer
hinter eine freistehende Säulenhalle) verloren. Zudem werden
diese paar immer wiederkehrenden Motive, die gar keine
wesentlichen Bestandteile der Fassade sind, betont, überladen,
zum Ausgangspunkt von Spielereien und Dekorationsgeist-
reicheleien gemacht, die schliesslich nichts mehr wollen und
Floerke, Böcklin. 12