BÖCKLIN UND HANS VON MAREES 171
Häufig wandte er als Redensart den Goetheschen Vers:
„Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg", an, den er wie
entschuldigend für sich verbrachte. Und ebenso boshaft: „Man
soll nie sagen, was'ne Sache ist." Allerdings ist das letztere
sozusagen das Motto seiner Selbstungenügsamkeit.
Marees wusste nicht, 0b das was Bruckmann brachte,
Schneeglöckchen oder Maiglöckchen waren. Ich bin kein
Blümchensucher. (H i l d eb ran d macht ihm das nach.) 'Er kennt
keine Liebe für das Kleine, für den Geruch, keine Spur von
deutscher Intimität, Sinnigkeit. (vUm Dürers willen wäre ich
gewissLnicht Maler geworden" [so wenig Marees Dürer nachem-
pfandf so wenig imponierte ihm Rubens. Als Künstler gar nicht
sehr. Er war ihm zu oberflächlich, schnell zufrieden, Dekorateur.
ja freilich, Rubens beherrschte das All und malte zahllose Bilder]).
Böcklin dachte bei jener Blumenscene natürlich: 0 du .
„Wo stehen solche Dinger?" fragt Hildebrand, durch
ihren starken Geruch auf Veilchen aufmerksam gemacht, die
jemand in der Hand trägt.
„Grad hier an jhrem Haus, wo alles vollblüht, habe
ich sie gepflückt."
Er wusste das gar nicht. Dergleichen Nebensachen wie
Frühling und Veilchen gingen ihn nichts an.
Da jenen nun ihrer männlichen Anlage gemäss doch etwas
Lebensaufgabe sein musste, so wurde es das Allgemeine. Philo-
sophiert wurde viel, besonders Spinoza.
Ich denke immer, das jüdische Blut, das in beide hinein-
spielt (Hildebrands Mutter war eine Jüdin, ebenso Marees,
Grossmutter, wenn ich nicht irre), kann dabei mitgewirkt haben.
Marees war technisch und persönlich ungeschickt. Wenn
er sagte: „so muss man den Pinsel halten" (er lehrte ja so gerne),
lief ihm der Terpentin in den Ärmel; bei den grossen gelben
PHaumen auf Ischia (die wir assen, während der Bursch lang-
sam vom Cafehaus her mit dem Kaffee durch die Sonne über
die weisse Strasse kam), ging's ihm ebenso. Er konnte sie nicht
brechen, sondern zerquetschte sie, und der Saft lief ihm in die