GEDANKEN ÜBER BILDHAUEREI ETC. (EINZELNES) 151
schauung allein, trotz der Natur, durchzusetzen den Mut und
die Kraft hatten! Aber freilich, in Ordnung hatte so einer sie
auch, seine Weltvorstellung: schneidig, bewusst, praktisch.
Die alten Griechen haben der Anschauung und Vorstellung
ihrer Leute nichts zugemutet der Armbewegung des Zeus
entsprach die Schwere der Blitze, und umwickelt waren sie
auch noch erst mit der Renaissance fängt das freie ornamen-
tale Spiel mit solchen Sachen an.
Das Vernünftige, Verständliche, Beherrschte ist doch die
Hauptsache. Ich kann doch nur in der Renaissance dem Moses
zwei Lichtstrahlen aus dem Schädel gehen lassen und verlangen,
dass jemand in Marmor darin Licht sieht. (Raffael malt seinen
Knaben auf dem Delphin ganz ruhig wie auf einem Tisch,
ohne ihn einsinken zu lassen. Er durfte offenbar schon denken:
zo zeige ich meinem Publikum den ganzen schönen Kerl, sonst
nur einen halben. Das hätten die Griechen nicht versucht,
noch ertragen.)
14 Ü t
Diese Anfänge der Griechen! Das ist ja der grossartigste
Trotz der Welt, dass sie das rein Vorgestellte hinauszustellen
wagen in die atembare Luft, unter die herumlaufende Wirk-
lichkeit während man heute das Modell abgiesst oder photo-
graphiert, je zufälliger, je wahrerl!
Griechischer Bildhauer und sein Ahbozzatore. Der
Künstler muss dem andern wenigstens deutlich gemacht haben,
was im wesentlichen die Absicht ist: das sind die Hauptpunkte,
da geht es hinunter, da stemmt es sich im Gegensatz auf
sonst wirkt die ganze Richtigkeit nicht.
lm Sinne der Abbozzatori (Marmorarbeiter in Tagelohn)
sollte man endlich mal die antiken Kunstwerke (gerade bei den
„Antiken" verdanken wir den Abbozzatore-Wiederholungen fast
alles [das Wort Abbozzatore freilich mehr im Sinne des Wieder-