145 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN um) ENTWÜRFE
arbeitet, die auf Farbe gedacht ist, meint, dass man in solchem
Falle es als unerlässlich empfinde, ganz aus der Vorstellung,
zielbewusst allein, zu arbeiten, immer nur an das Ganze, Beab-
sichtigte zu denken nie nach der ja an sich interessanten
Natur, wie sie einem der Zufall oder die Wahl als scheinbares
Hilfsmittel ins Atelier führt. Weit weg vom Modell.
Böcklin hat Bruckmanns Rundrelief: Madonna mit
Kind (1888) bemalt.
Man sieht daran also eine Meinung über Polychromie ausge-
sprochen, von einem Manne, der interessieren dürfte, und die ich
verbreitet sehen möchte, da ich der Sache eine Zukunft wünsche.
Wir hatten im Atelier (München) zwei Exemplare, eines
bemalt, eines unbemalt. Das bemalte vor mir in seinem milden
Glanz, seiner weichen Deutlichkeit, soll dasselbe sein, wie das
kalte, fast unsichtbare und durch das Licht ganz ungewollt und
falsch wirkende Gipsrelief. Gips und nichts das eine. Weich
und still das andere ganz vom Standpunkt unabhängig. Man
sieht, die weissen etwas harten Blumen im Rahmen mussten
von Anfang an gedacht sein, um diese Milde herzustellen.
(Wäre Böcklin da, so würde er die weissen Blumen des Rahmens,
die Barth etwa violett oder blau sich dächte, als notwendig nach-
weisen und die Rechnung machen wie ein Wirtshauskonto.
Vielleicht nehmen die Blumen das Licht aus dem Fleisch heraus,
aber es ging nicht anders. Die ganze Palette war erschöpft.
Andrerseits treiben sie das „Bild" zurück und lassen den
Rahmen als etwas anderes, zweites erscheinen, lassen das Bild
für sich und schaffen Raum.) Die Haare, Augenbrauen, Lippen
zunächst mal um keine kalten stumpfen Töne zu haben
mit Gold resp. Silber unterlegt. Mit dem kalten Glanz hört
das Leben, die Teilnahme daran auf. Wärme!
Die hohen Lichter hat man mit Wachs in Terpentin ab-
gedämpft. Wenn nun gar noch der Reiz des Marmors und der
Marmorarbeit hinzukommt!
Diesen farbigen Gegenstand kann man in fast jedes Licht
hängen.
Die Bruckmannsche Arbeit ist ja nichts Vollendetes, son-
dern nur ein Entwurf (und die erfahrungsmässige Wahrheit ist,