FARBIGE SKULPTUR 143
besonders in der Bemalung. Im Marmor, der durchscheinend
ist, ist diese Sache schon recht.
Ein Material kann einem Freiheiten geben, die man sonst,
selbst in der Bronze, nicht erreicht.
Andererseits aber zwingt es mich wieder, während der
grössten Zeit der Arbeit, bis zu einem gewissen Punkt der
Ausführung, ihm Rechnung zu tragen, macht mich durchaus
abhängig, begrenzt mich.
Dann aber kommt der Moment, wo der blosse Künstler
das Wort hat, allein: Gott sei Dank! Jetzt kann's losgehen, das
Material tot zu machen.
Das klare Korn des Marmors sieht man nur sehr nahe-
bei", aus der Ferne nicht. Immerhin hat ja niemand etwas
dagegen, dass der es benutzt, der seinen Vorteil darin sieht.
Nur muss man nicht immer auf das „edle Material" zurück-
kommen.
Material! Kostbar oder billig, ist ganz gleich. Nachgiebig,
brauchbar, leicht zu überwinden, heisst die Forderung. Die
Kunst ist ein Kampf mit dem Material man kann nie etwas
besseres von ihm reden, als dass es leicht überwindbar sei.
Es kann nur darauf ankommen, es als solches ganz vergessen
zu machen, erst da kommt der Künstler zu Wort.
Wenn die Dinge im Kunstgewerbe etwas anders liegen,
so hängt das so zusammen: Auch im Künstler steckt notwendig
viel begabter und interessierter Handwerker. Fingerzeige be-
kommt dieser, je feinfühliger er ist, umsomehr, wie er das
Material bei seinen Schwächen packen, seine Stärken ausnutzen
und ganz unter seinen Willen beugen könne, mit seinem Leben
zu füllen vermöge. Und nutzt also der Künstler sein Material
aus, so ist der Kunstgewerbetreibende, der Nutzgegenstände
macht, materielle Sachen, und dabei auf den handwerklichen
Betrieb und das Bedürfnis der Menge angewiesen ist, geradezu
auf die Ausnutzung jenes unvermeidlichen Restes einer Herr-
schaft des Materials und seiner eigentümlichen Bildefähigkeit
hingewiesen, hat sich sogar durch dieselbe anregen lassen.
Böcklin wird auf der Jubiläumsausstellung (Berlin) mit
drei farbigen Skulpturen vertreten sein, die er mit Bruckmann
zusammen gearbeitet hat: einer leuchtenden Sklavin und zwei
I-Iermen, die Köpfe der bekannten Meer- und Sumpfgötter