Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

 
zu beschäftigen, etwa noch im Gegensatz zu der polierten Höh- 
lung, die bis zum Boden der Schale reicht.  Wer das heute 
machen wollte! Jeder weiss das besser. Und den Rest thut 
die offizielle Prüderie. Arme Bildhauerei! jetzt ist es genau 
so weit, dass man das Nackte nicht verwenden kann und das 
Zeitkostüm auch nicht. Überall ertappt man sich seufzend da- 
bei, dass man auf Antiquarisches zurückgreifen muss,  die 
eigene Zeit gehört einem nicht. Wer wird uns da herausreissen, 
uns die alte Freiheit wieder schaffen, uns die Hände wieder 
lösen! Unsere Generation unmöglich. Und immer mehr wächst 
uns der moralische, wissenschaftliche Schulmeister über den Kopf. 
Die Skulptur müsste wieder mehr teilnehmen an dem 
Schmuck unserer wohlhabenden Häuser. Vielleicht ist der far- 
bige Stuck berufen, ihr die Thüren zu öffnen. Wie viel frischer 
und direkter bringt er die Vorstellung aus der Hand des 
Künstlers, wie viel leichter kann er für bestimmte Zwecke oder 
an Ort und Stelle bearbeitet werden.  Und da kommt wieder 
die Frage von der Farbigkeit hinzu. Was ist das für ein präten- 
tiöses Monopol, weiss dastehen zu wollen und zu dürfen, wo 
alles wieder seine Farbe hat? Das Holz des Tisches, des 
Bodens etc., die Teppiche und Wände, die Bilder und Zier- 
gegenstände,  und die Skulptur beansprucht das Recht, ein 
Loch in diese Dekoration zu machen? Zu ihrem Vorteil gewiss 
nicht. Sie schliesst sich damit selber aus manchem Raume 
aus, und da sie, in weissem Zustande, die zu ihrer Deutlichkeit 
nötige Beleuchtung nicht selber mitbringt, sondern ihr Licht 
lediglich von aussen erwartet, {so verliert das bei Oberlicht 
gearbeitete Objekt in unsern Zimmern meist jede beabsichtigte 
Wirkung. Wirklicher Geschmack wird ein solches Unding, 
welches noch dazu stört, nicht dulden. 
Zur Material- und speziell Marmorfrage: Nur der 
Marmor ist, streng genommen, für die farbige Plastik verwendbar. 
Das feste, nirgends durchscheinende Material, Wie Stuck und 
Bronze, wirft so unbekannte schwarze Schatten, besonders in 
Nase und Ohren, dass man natürlich ganz falsch werden muss,
	        
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