138 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
Hügel wird kein Bildhauer, der ein Künstler ist, vergolden, wenn
er Marmor unter Händen hat.] All diesen Reiz kann der Bild-
hauer nicht einmal nachmachen, und dabei soll er doch sogar
noch mehr: er soll monumental sein, d. h. den Typus an die
Stelle der Einzelerscheinung setzen.
[Ebenso schwer geht es dem „Bemaler"l Mancher, der seine
Vorstellung nicht einmal auf die Fläche werfen kann, glaubt
Marmor „anstreichen" zu können. J a, da soll er merken, wie
bald ihm die Mittel ausgehen, wie bald er mit Böcklin sagt:
„es geht nicht, ich habe nichts mehr" trotz der überlegtesten
Rechnung, der rafliniertesten Ökonomie, der stärksten Wagnisse.
Eine Erscheinung auf die Fläche projizieren kann bald
jeder; aber die Reize der Natur nicht allein im Moment wieder-
geben, sondern auch noch zu monumentalisieren, ohne dass zu-
viel verloren geht und mit wie geringen und spröden Mitteln!
das ist eine andere Sache).] Von den zarten Tönungen und
sonstigen Ängstlichkeiten begriffe Böcklin sicherlich nicht den
Grund ihres Daseins. „Das farbig Angeschaute (und andere
Anschauungen giebt es nicht in der Natur) soll der Künstler
farbig wiedergeben", sagt er und arbeitet darauf los, das Relief
sichtbar und rund machend, die Wirkungsfähigkeit der Rund-
figuren mit klug vorbedachter Farbennachhilfe erhöhend, die
Dekorationsfähigkeit der Skulptur auch für unser modernes
farbig gewordenes Haus erhöhend.
Man konnte früher, als man in der Bildhauereiänoch mit
Farben rechnete, sich viel breiter und ruhiger statuarischer
in der Form und dem Ganzen halten, viel weiser auf die
Wirkung hin vorgehen, als heute, wo das Bedürfnis nach klarer
Deutlichkeit und doch überall lebensvoller Sachlichkeit, bis zur
Ausnutzung der kleinsten raffiniertesten Gegensätze geführt hat
die der Bildhauerei nur das ersetzen wollen, was ihr durch
die aufgezwungene Einfarbigkeit an Sprache, Ausdrucksmitteln
entzogen ist, und die dadurch den Charakter der Skulptur viel
bedenklicher ändern über ihre Grenzen hinaus wie durch
vorbedachte Bemalung, die sich ja bei jedem Volk und zu jeder
Zeit, für jeden Zweck mehr oder weniger veltschieden gestalten
wird. Gerade die neuere monumentale malerische Be-
handlung beweist, trotz aller gegen die Farbe gerichteter Äusse-
rungen der Techniker in diesem Sinne (sogar Begas; wenn