Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

Das 
"Moderne" 
in 
Böcklin. 
Griechen sein! Wir? Warum sind die Griechen Griechen? 
Weil sie machten was sie sahen, wie es ihnen recht schien. 
(Die Antiken haben ja keine Antiken machen wollen, soviel 
ich weiss,  bloss wir wollen das.) Aber gleich das Ganze, 
mit allem Leben, und nicht davon ab und unter allen Umständen 
bei der ursprünglichen Vorstellung geblieben. Das müssen 
wir wieder, heute, rücksichtslos. Lebensvoll, wie wir es sehen 
und verstehen. Nicht ab davon, bevor nicht möglichst alles, 
jedenfalls alles Erreichbare, aus dem Eigenen gesagt und ge- 
geben ist. Was thun wir mit den modernen Röhrenverstopfern! 
Frisches Wasser des Lebens wollen wir, und das quillt auch 
uns wie immer, wie für die Griechen. Nur dann sind auch 
wir Griechen, wenn wir's auf unsere Art fassen. Aber hier 
schläft alles oder treibt Röhrenverstopfen. 
Haben wir nicht so gut wie sie in den Butterblumen ge- 
legen, unter denselben Apfelbäumen ins Blau geträumt? Ist 
das nicht dieselbe Welt, aus der sie ihren Honig sogen? Ist 
das Leben nicht schön? Und wenn sie anders sein mag, unsere 
Natur, in der wir geboren,  vielleicht ist es doch dieselbe: 
versuchen wir's nur mal! Vielleicht packen auch wir sie  
das Leben,  immer nur das eine! 
Aber wie hätte wohl ein Schaffender  in dem Moment, 
wo er alles in sich zusammenrafft, was ihm gehört, und darum 
produktiv, fortpflanzbar, zeugungsfähig ist  Zeit daran zu 
denken, wie das  sein Kind  wohl ein anderer gemacht 
haben würde  Raffael oder Phidias  ganz gleich. (Wie- 
viel hat man schon bei Rubens zu überwinden. Was geht uns 
gar die Antike an, d. h. die Allüren der Antike. Auf das
	        
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