Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

Böcklin 
als 
Lehrer; 
Schüler. 
Böcklin hat niemals eigentliche Schüler gehabt (geschweige 
solche, die ihm hätten helfen können), trotzdem er in Weimar 
Professor und in Florenz der Mittelpunkt eines grösseren 
Künstlerkreises war. 
Man hat auch behauptet: er dürfe existieren, aber Schüler 
verdürbe er. Ich stelle das Paradoxon auf, dass die ganze 
deutsche Malerei bei ihm in die Schule gehen soll. Ein Lehrer 
sollte er sein für die malerisch schaffende und empfindende 
Welt. Die Logik seiner Kunstwerke sollte beide in Erstaunen 
versetzen, umsomehr als sie immer nur der technische Träger 
einer Idee ist und niemandem eine Träumerei verdirbt. Ich 
glaube, unsere malerische Zukunft liegt in diesem Mann, und 
wenn ich, wenigstens in Kiinstlerkreisen, um mich schaue, sehe 
ich  und gewiss am meisten in der Reichshauptstadt  die 
Zahl derer wachsen, die nicht zu Nachahmern und „Schülern" 
gemacht sind, sondern deren klares Talent sie die Klarheit 
Böcklins erkennen und ihm folgen lehrt, auf eigenen Beinen. 
(Er ist ein eminenter Lehrer, aber freilich nur für Er- 
wachsene, die nicht glauben, sondern erkennen und darum doch 
sich selbst nicht preisgeben. „Da hat er Recht", muss einer 
sagen können  „da aber fange ich an". „Das kann ich 
brauchen, damit kann ich wachsen"  und das wird ungeheuer 
viel sein!) 
Eine Reihe von Böcklins „Schülern" haben ihn (ä la 
Lang) in ihrer unkünstlerisch ästhetisierenden Simpelei zehn 
jahre schlechthin für ihresgleichen gehalten und missverstanden, 
und später, als sie sich enttäuscht fanden (gesellschaftlich und 
persönlich wurde ihm so einer gelegentlich zu dumm, seine
	        
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