Kunstwerk
und
Beschauer.
Wir sind nicht mehr gewohnt, so viel Erfahrung und Ver-
stand lediglich im Dienst einer künstlerischen, in keiner Hin-
sicht spekulierenden (rechts oder links schauenden) Bestrebung
thätig zu sehen.
Wir wenden uns mehr als je mit unserer Kunst an die
Massen, und diese sind mehr als je verstandesmässig erzogen,
ihre Bildung ist immer abstrakter geworden. (Die Eitelkeit
der vgßbildeten Masse" in der Kunstfrage, ihr Eintritt in die-
selbe, ist gleich der der Ungebildeten.) Die „Kunst" ist dabei
in Angebot und Nachfrage auf den Markt geworfen, hat den
Forderungen ihrer Abnehmer nachzuforschen, und ist damit
ruiniert. Der Markt will nicht, kann nicht ergo haben wir
keine Kunst.
Wer sieht denn, ohne zugleich an eine Verwendung für
sein Emplindungs- oder Verstandesleben, für sein Interesse zu
denken, wer vergisst sich selbst und seine Welt, sowie die Welt
um sich herum vor der Welt des Kunstwerks? Wer stellt
den Strom seines eigenen Lebens ab, um nur allein durch die
Augen in der Anschauungsthätigkeit eines anderen zu leben?
Man kann ja in ein Kunstwerk mancherlei Interessen
hineintragen (und das wissenschaftliche, archäologische, histo-
rische, ästhetische etc. ist dabei genau soviel wert, wie ein an-
deres, an sich geringeres) aber je nach ihrer Befriedigung
den Künstler beurteilen, den keines von diesen Interessen
geleitet hat, ist doch wenigstens gedankenlos und ungerecht.
jeder sucht eine Wiederholung des ihm als vorhanden
Bekannten im Kunstwerk. Aber alles Kennen und Wissen führt
uns dem fremdartigen Leben desselben nicht näher.