Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

110 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE 
Ferner, hätte Böcklin seinen formlosen Drachen (Via Mala) in 
blutiger Heraldik hergestellt, mit allen Stacheln seiner schreck- 
lichen Phantasie herausgekitzelt, so hätte jener mehr Interesse 
absorbiert als er durfte  ist er doch nur das Pünktchen auf 
dem längst für die meisten lesbaren i. Dass einer da und auf- 
merksam geworden war, war genau genug. 
Man kann von einem Farbfleck reden, der seine sprechende 
Deutlichkeit ganz allein dem Wissen und Wollen des bild- 
abwägenden Künstlers verdankt und nur in diesem Sinne in- 
teressiert und etwas ist (nicht etwa bedeutet). Dass er bei 
Böcklin immer auch noch etwas andeuten wird (einen unwesent- 
liehen Leibesteil, ein Stück nötige Nebenperson etc.) ist eine 
andere Sache. 
Auch Farbe und Ton sind ihm so wenig Selbstzweck, dass 
er über die Bezeichnung "Kolorist" lachen würde. Das wäre 
ein dummer Mensch, der mit Verdeutlichungs-Ausdrucks-Mitteln 
spielt, anstatt sie, wie etwas Dienstpflichtiges bis aufs äusserste 
im Dienste seiner Idee anzuspannen. Sie müssen da sein wie 
alle übrigen aus der Natur, dem Wissen, der Erfahrung, dem 
Empfinden, der Phantasie zur Hand sein müssen, wenn er seine 
Fülle an Naturfreude darstellen möchte. 
Wir sprechen von Koloristen: „Alles kann man doch nicht 
mit der Palette machen", sage ich. „Nein", sagt er, „im Ge- 
genteil ist die Palette nur dazu da, so weit möglich zu helfen." 
Und von den Graumalern sprechend, sagte er: „Sie sind 
Esel, auf das, was sie irgend an Ausdrucksmitteln haben, zu 
verzichten." 
Böcklins Farbe ist die des Bedürfnisses, der Notwendig- 
keit. Er hat sie entfesseln gelernt, um deutlich werden zu 
können, und zwar mit den Mitteln des Malers, als deren 
oberstes und vernachlässigtestes er sie erkannte. 
Er konnte diese seine Farbe von niemand lernen. Es ist 
vielmehr durchaus die Farbe des auf sich und seinen innern 
Vorstellungsdrang angewiesenen Autodidakten, der freilich für 
seine Zwecke aus allem zu lernen vermochte, und der sich 
dabei der Gesetze, unter denen die Übertragung aus der wirk- 
lichen Erscheinungswelt des Lichtes, der Form und des Raumes 
in die nachgeahmte, auf der Fläche dargestellte Welt der Pa- 
lette möglich ist, wie kein anderer bewusst wurde, und darauf-
	        
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