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Farbe.
„Ist mal Ton und Farbe bewusst mein Aus-
drucksmittel, so muss ich, will ich nicht rein
dekorativ werden, mit der Palette in diesem
Sinn bewusst komponieren und modellieren."
A. Böcklin.
Böcklin folgt in all seinem Denken und Schaffen selbst-
verständlich keiner der Ästhetiken, die aus den Irrtümern der
Renaissance resp. Winckelmanns hervorgewachsen, noch
heute unsere Gewohnheit beherrschen. Ihm ist die Farbe die
Natur und das ihm gegebene Pfand, das er auszunutzen hat.
Seine Kunst ist sinnlich, unmittelbar, nicht abstrakt, gedanken-
haft, auf Umwegen wirkend.
Ist die Natur die feinfühligste, unfehlbare Koloristin bis
ins kaum bemerkbare Detail, warum soll der Mensch der
Farbenmensch Maler! in dieser Richtung stumpfsinnig un-
ausgebildet bleiben müssen? Weil'er sich, einmal verrannt
und einseitig künstlerisch geschult, natürlich seine künstlerische
Theorie zurecht macht, damit er und andere nicht mehr an die
sauren Trauben zu denken brauchen.
Wir haben keine anderen Eindrücke von allem Sichtbaren
als farbige, je nach dem Licht heller oder dunkler, können
keine anderen haben. Denn das Licht wird uns zurück-
geworfen von einer Oberfläche erst und nur als Farbe sicht-
bar. Nun ist der Maler wie keiner auf das Sehen angewiesen.
Wie soll er seine farbigen Eindrücke nun übersetzen? Womit
malt er denn? Mit Farben dächte ich. Soll er sich da ihrer
enthalten, sie nicht studieren? Soll er dies sein Hauptaus-
drucksmittel nicht so weit zu vervollkommnen suchen, als ihm
nur möglich?