Q4 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
an das Werk des Meisters legen, dessen Blicken die Natur all
ihre Geheimnisse preisgeben musste.
Böcklins Bilder sind von geradezu gewaltiger Naturnähe
aber eben weil er nicht sklavisch gebunden die Einzelheiten
nachmacht, sondern das Ganze, das was er vor seinem innern
Auge genossen, wieder aufbaut.
Wo gäbe es einen genussfroheren Naturkultus als den
seinen! Aber er respektiert seinen Schatz und malt ihn nicht tot.
Es ist gerade die ungeheure Freude an der Natur, das
Geniessen im Beobachten, was Böcklin eigentümlich ist. Er
wird zunächst immer nur das darstellen, was er genossen,
durchempfunden hat. Sein künstlerischer Verstand wird dann
freilich das Unwesentliche ebensogut auszuscheiden suchen, wie
das zum deutlichen Ausdruck seiner Empfindung Unnötige.
Aber man kann nicht sagen, dass gerade das innere Leben, das
Wesentliche, vom Zufälligen Abgeklärte, seine künstlerische
Phantasie zuerst beschäftige und sich hcrauskristallisiere.
Also die Natur als Ganzes nicht die Figur als Profil,
als Ton, Relief, Überschneidung, nicht das Gegenständliche als
Coulisse und körperloses Versatzstück sieht Böcklin. Das
heisst, er sieht den mit körperhaften Gegenständen gefüllten
Raum, dessen Grundriss man zeichnen könnte, dessen Gegen-
stände rund gesehen und gedacht sind wie von einem Plastiker.
Er sieht, dass ein Fels soo gewaltig hineinrückt, er sieht hinter
ihn, und was dort hinten steht und sichtbar wird, ist wieder
rund in Licht und Luft.
Freilich macht er nicht alles, was, rein optisch gesprochen,
nacheinander sichtbar wäre. Er malt nur seine Freude, die er
als genussfroher prächtiger Mensch am Leben, an der Erschei-
nung gehabt hat. Es handelt sich natürlich um ein künstlerisches
Geniessen: er sieht z. B. das ist eine kräftige, eine nervöse
Hand; und so wie er das mitsamt dem „Warum" auf einen
Blick sieht, stellt er es auch nur so mittels des Eindruck-
machenden, Unterscheidenden, Sprechenden dar.
Was ist denn die „Natur", die die Menge sieht? Die
Geschichte, die Gegend, die Tageszeit, die Ahnlichkeit, der
Ausdruck, die „Zeichnung", das Moderne, Konventionelle, Sen-
sationelle etc. Die Leute wollen immer mehr Detail Zier-
raten, Kunststücke, Gelerntes aber sie sehen die Sache nicht.