Volltext: Zehn Jahre mit Böcklin

BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN 
UND 
ENTWÜRFE 
sah alles, was die schlauen Phönizier den Leuten vorschwatzten, 
und betrat die seligen Inseln wie die Toteninsel. Das Grauen 
des Hochgebirgs wusste er so gut auszugestalten wie er auf son- 
nigen Wiesen mit Kindern Blumen zu pflücken verstand. Ihm 
waren die I-Ierbstzeitlosen nicht zu gering, wenn sie den Menschen 
an den herannahenden Winter erinnern. Im deutschen Walde- 
begegnete er dem Einhorn. Er trank römischen Wein mit 
römischen Soldaten, legte mit Seeräubern Feuer an Küsten- 
schlösser, er hat die bekannten Kentauren denn doch noch 
anders gesehen als Genelli, er hat den Prometheus angeschmiedet 
erblickt, wie keiner zuvor, ist nach Emmaus gegangen und hat 
den Hain des Herakles betreten etc. etc. 
„Die Natur hat zwischen höchster Helligkeit und tiefster 
Dunkelheit für das menschliche Auge eine Skala, die wir von 
1-100 annehmen. Dann habe ich auf der Palette eine solche 
etwa von 45-55. 50 ist also mein Mittel, an das ich mich 
halten muss, wenn ich für Licht und Schatten noch ausreichen 
will. Schon darum kann man nicht nach der Natur malen, 
weil man, bei aller nötigen Übersetzung doch bei seinen Nach-t 
ahmungsversuchen stets zu hoch greift und nachher nichts. 
mehr auszugeben hat, den Naturelfekt erst recht nicht erreicht. 
Nein, das Exempel muss vorher im Kopf fertig ausgerechnet 
sein und aus der Erinnerung die Vorstellung wiedergegeben 
werden. Man sollte vor der Natur höchstens richtig stellen, 
(so machte er's z. B. bei Kellers Porträt, das er nur nach der 
Natur in der Zeichnung korrigiert und dann ohne diese malt) 
aber nicht mit der Palette vor sie hinsitzen." 
Die meisten jungen Maler werden dadurch verdorben, dass 
sie in den Jahren, WO sie noch empfänglich sind, ganz einseitig 
Studien malen. Die Entwicklung und Anregung der Phantasie 
müsste damit mindestens gleichen Schritt halten. Später glauben 
sie sonst  ehrlich und fest  das sei das einzig Wahre, das. 
sei alles, was zu erstreben und zu können sei. Als ob die. 
Natur Zweck und nicht Mittel sei aller Kunst. 
Böcklin selbst sagt: „Das Studienmalen sollte verboten
	        
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