73 BÖCKLlN-AUFZEICHNUNGEN um) ENTWÜRFE
zu wirken, d. h. seine Anschauung ins eigene beschränkte
Material zu übersetzen.
Er zeigte mir das über Figuren und Landschaft Gesagte
an der „Herodias" und der brennenden Stadt mit den See-
räubern Er schnitt ein rundes Loch in ein weisses
Papier: die bedeutendsten Unterschiede in dem ganz toll ge-
malten Felsen waren kaum wahrnehmbar, Farben gab es in
dem Ausschnitt neben dem Weiss eigentlich gar nicht, sondern
nur unbezeichenbaren Schmutz. „Mit solchen Lumpereien hat
sich der Landschaftsmaler herumzuschlagen, um seine Wirkung
zu balgen." Legte man das durchlöcherte Papier auf die Grenze
von Fleisch und Hemd oder Gewand oder Hintergrund etc. der
Figur, so waren überall scharf sprechende Gegensätze.
Von seinen Seeräubern sagt er: "Wenn ich heller würde,
würde ich das Rätselhafte verlieren, was bei so einem halb
nächtlichen Vorgang not thut. Auch die nasse Abendluft brächte
ich nicht heraus, die über allem liegt."
Anschliessend an Viollet-le-Duc") VII. 93, könnte man
bei Böcklins Meerbildern auch sagen: Neben solchem Blau,
gehoben durch diese polierten Goldrahmen, ist keine Farbe
brillant oder intensiv (d. h. rein) genug.
Er wagt alles, jedesmal. So einen Wirbelwind wie auf
seinem „Tod auf der Brandstätte" (1870)?) hat noch kein Mensch
gemacht. Ja, die andern, die schimpfen, die malen in ihrer
Gedankenfaulheit eine Mittagsstimmung und darin sitzt eine
Kuh und schaut die andre an, und damit ist das Bild für den
Goldrahmen reif.
14 a: Ik
„Ruggiero"'l"i') ich wette darauf, dass Böcklin noch heute
Autotypie in der "Kunst für Alle", IX, 2. A. d. I-I.
Viollet-Ie-Duc: ,.Dictionnaire raisonne de PArChIteCture frangaise du
XI. au XVI. siecle." A. d. I-I.
1-) Böcklinwerk I, 32. („Der Ritt des Todesf") A. d. H.
i?) Böcklinwerk III, 24. („Ruggiero befreit Angelika aus den Klauen des
Drachen") A. d. I-I.