76 BÖCKLIN-AUFZEICHNUNGEN UND ENTWÜRFE
Schulmeister würde man nicht wie einen in die Leier greifen-
den oder gar eidechsentötenden Apoll darstellen.
Anregungen aus Lektüre der Alten ja. Aber nur für
die innere Anschauung. Und nur Anregung. Denn die Ge-
lehrsamkeit hat kein Recht an ihm. Sein Meervolk ist von
jeder Bedeutsamkeit frei, lebt aus sich selbst gehört ihm
resp. seinem Element. Böcklin liest, ja, aber als ein Sehen-
der, als Maler. Aus ähnlichen Gründen greift er zum Märchen.
„Wie mir diese Vertikale gut thut, glauben Sie gar nicht",
sagt er, als ich über die Inschrifttafel auf seinem Lebensbildf)
wie über einen Abreisskalender spotte. Nebenbei, es steht
drauf:
"Die Jugend ist ein Morgen
Voll Licht und ohne Sorgen,
jedoch sie hält nicht an.
Das Kind wird Weib, wird Mann.
Es folgt ein rastlos Streben
Nach höherm Glück im Leben,
Bald Freude und bald Not,
Zuletzt der süsse Tod."
„Tritonen, Meermenschen mit dem Seehund."""')
Lauter kluge, bewusste Gegenbewegungen in diesen Geschöpfen,
die da zu einem Bilde zusammenstehen.
„Der Seehund oh, der wird ganz schön apfelartig. Ich
habe mal als Schuljunge so einen Tornister gehabt, der steht
mir ganz vergnügt und lebendig vor Augen."
„Wenn ich das Wasser male, dan.n kommt mir allerlei,
so Spielereien, von denen ich nicht mehr weiss, wann ich sie
gesehen habe, die mir aber geblieben sind."
Von 1887; jedenfalls „Vita Somnium Breve", das dann 1888 seine
heutige Redaktion erfahren hätte. Museum zu Basel. Böcklinwerk I, 7. A. d. H.
Böcklinwerk III, 12 („Meeresidylle" 1887). A. d. H.