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den Alten in Vasaris Haus beim Palazzo Vecchio und
der schönen Loggia dei Lanzi lange und oft genug unter-
halten, um nicht genau zu Wissen, was er will, und was
man auf dem WVege zum Letzten thun muss. Er weiss
auch genau, wer er selbst ist, und fühlt das Bedürfnis
einer Aussprache darüber, was er als Maler mit dem
Pinsel thut. Seine grosse Tafel von 1882: vDichtungund
Malereir ist dieses Selbstbekenntnis. Als zwei hoheit-
volle Schwestern stehen die beiden Musen dort auf
Bergeshölf vor Cyprcssen- und Lorbeer-Kronen neben
dem als Springbrunnen in Marmor und Halbedelstein ge-
fassten Musenquell. Der Maler fühlt sich als Poet und
der Poet gebraucht statt der rhythmisch Hiesscnden
Sprache die glänzenden Metaphern seltener Farbenwerte.
Eigentlich hätte die Musik auch dazu gehört.
Einige Werke der letzten Jahre wie die wKreuz-
abnahmec, die aGef-llde der Seligenr und das wHeiligtum
des Heraklesr weisen schon auf den neuen, den monu-
mentalen Stil der vierten und vorletzten Periode. Aber
der eigentliche Durchbruch geschieht bei ihm immer
plötzlich und unerwartet mit einem einzigen Werk, was
auch hier sich ereignet. Er hat Italien als Landschaft
wie Kulturboden nun in sich aufgenommen; die gelehrten
Sorgen Winckelmanns, das Prokrustesbett der Gips-
abgussantike, das dessen künstlerischen Nachfolgern von
Carstens bis Feuerbach so verhangnisvoll ward, blieben
ihm erspart, Weil er unphilologisch und unsachlich mit
seiner nach Leben dürstenden Sinnenkraft nur lachenden
oder sehnenden Träumen von einem antiken Paradies
nachzog. Eine weite Wunderwelt hat sich vor sei-