Quell, den Erlen und Birken im Hintergrund, den Schnee-
bergen und lichtem Himmel mit hellen Wolkenballen
kreist im glücklichsten Gewicht um das schreitende junge
lrVeib im geblümten, grauseidenen Empirekleid, dem ein
violettes Tuch um die Schulter und unter dem Blumen-
korb hindurch sich schlingt. Es spricht dazu tiefsympathisch
durch die Kraft des behenden Schritts und die reife
Energie der Bewegung an. Wie ein in Musik gesetztes
Gedicht mutet eine Variante dazu von 1876 an: wFlora,
die Blumen weckends, in Berlin mit seinen herbfri-
schenFarben auch als aFrühlingsliedr bekannt geworden.
Der Duft des still schaifenden Vorfrühlings erfüllt die
Tafel, er schwebt über der Ackerfläche mit dem
Dorf dahinter, ihn atmet die rosige Fleischfarbe des
halb von einem Scharlachtuch umhüllten Weibes, das
unter knospenden Bäumen in die Saiten seiner goldenen
Harfe greift und mit vertraumtem Liebesblick auf die
Putten, d. h. die Blumen, schaut, welche noch schlafend,
verwundert erwachend, herumkriechend in süsser Kindes-
unschuld sie umgeben. Wie bezeichnend ist die Frauen-
gestalt für Böcklinl Nur sehr selten hat er dem weib-
lichen Schönheitsideal der Antike, dem rhythmisch ge-
gliederten Formenreiz und der völlig neutralen Seele
gehuldigt. Der kalte Liebreiz hat etwas Unverständliches
für seine heissen Mannessinne; er hat dafür etwas heraus-
gebildet, was ihm persönlich die höchste Augenweide
gewiihrt: eine zur Fülle und Reife neigende, längst nicht
mehr knospenhafte, sondern der Hochblüte nahe Gestalt,
bei der die Naturaufgabe des NVeibes schon in jede Be-
wegung gedrungen ist. Sie ist fraulich, ohne immer