Volltext: Arnold Böcklin (Bd. 1)

tauchen auch schon viel spätere Hauptwerke auf. Man 
hat überraschende Eindrücke, wenn man an einem Baum 
gleichsam in demselben Jahre vielartige Früchte hängen 
sieht, von denen jede Einzelne schwer und goldreif 
prangt. 
Ein Juwel in Blau: die kleine Tafel der wVenus 
Anadyomenes (1873) weist auf seine kommende Meer- 
malerei und seine Frauengestalten. Eine Göttin, die mit 
der melischen Aphrodite gar keine Parallele verträgt, 
weil sie eher eine naive Verherrlichung corsettloser 
Natur genannt werden kann, kommt auf einem tinten- 
blauen Delphin über das ultramarinfarbcne Meer daher- 
gezogen. Der gelbgrüne Schleier, welcher sie einhüllt, 
wird von ausgelassen die Hehre umilatternden Putten 
gehalten. NVie ist dies Meer, dieser Himmel mit den 
geballten WVolken, dieser kühle Leib gemalt!  Ein 
heiterer Strauss warmer Farben schmiegt sich reizvoll in 
das kühle Lächeln des blauen Grunds.  Dann kommt 
ein plastisches und tiefgestimmtes Stück Ariosto in der 
Wom Drachen bewachten Angelikas (1873), in 
dessen bunte Anmut ein Beisatz jener Schalkhaftigkeit 
sich drängt, die dem heiteren Tafelgenossen undHauspoeten 
der Este so gut steht und die unvergängliche NVürze seiner 
schaukelnden Ottaven ausmachen wird.  Der Mann aber, 
der diese Bilder gemacht hat, steht vornehm auf dem 
vSelbstbildniss von 187344 gegen eine lorbeerumrankte 
Säule gelehnt und blickt uns leuchtäugig-sinnend an,  
gleich als müssten vor seiner reifen Kraft alle peinvollenFra- 
gen und Sorgen des Lebens fortab eindruckslos abgleiten. 
	        
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