wie er darauf verfiel: ihn quält mit einem Male das
Problem der Flugmaschine. Jene merkwürdige Erschei-
nung, dass mit der grössten Kunstbegabung oft die
frcmdartigsten Neigungen und Fähigkeiten verknüpft sind,
zeigt sich auch bei ihm: dieser gewaltige Phantasiemensch
hat den verhältnismässig ebenso seltenen mathematischen
Verstand. Sein Scharfsinn leitete ihn zu einer Zeit, als
die meisten Sucher noch über dem unmöglichen Luft-
ballonsystem grübelten, auf die heute nach 40 Jahren!
allein als aussichtsvoll geltende Zugrundelegung des
Vogelüugs. Helmholz soll gesagt haben, dass eine Lösung
dieses Problems nur auf der Bahn Böcklins denkbar wäre.
So drollig auch der Ernst des Künstlers bei
solcher scheinbaren Spielerei sich ausnirnmt, so ernsthaft
ist die Sache an sich. Wenn der bisherige glänzende
und begabte Malvirtuose plötzlich eine überraschende
Vertiefung seines Ideen- und Seelenlebens zeigt, so er-
läliirt sich dies nicht allein durch das Milieu YVeimar:
auch die scharfe Beobachtung des Gegenstandes bei
seinen Liebhaberei-Versuchen, das Schlussziehen, Um-
bilden, die Methode starken Denkkraft und Augensinn
in höchstem Grade und werden die mächtigsten Helfer
nun in der Kunst. Wenn Michelagniolo seine Sonette
baute und in wohlgemeisselten Rimen seine Gedanken
über liVelt und Kunst niederlegte, wenn Leon Baptista
Alberti, Lionardo, Dürer, Klinger scharfsinnige ästhetische
Theorieen erdachten, Goethe naturwissenschaftlichen,
Wagner ethischen und soeialpolitischen Problemen kost-
bare Zeit widmeten, so erkennen wir daraus ein künstler-
psychologisches Gesetz: sie ritten ihr Gehirn quasi für