sein, das Übersichselbsterhebenwollen sich auch abspielt,
so ruhelos der Menschengeist nach Veränderung sinnt
und heute bekämpft, was er gestern verherrlicht hat, so
wenig frei, so eng gebunden an die Natur ist er im
Grunde: nur ein paar Hauptgesichtspunkte, nur ein paar
Grundaklcorde machen das ganze Menschenspiel aus
Jahrtausende ziehen brausend dahin -ein paar Licht-
punkte thronen in ihnen der Mensch erschöpft sich
darin, ihre Probleme immer wieder in sein engeres Zeit-
idiom zu übersetzen. Die Antike heisst die eine der
grossenABahnen für den Bewegungsdrang seit zweitausend
Jahren, die andere die Renaissance.
Die Antike hat gerade vor 150 Jahren ein neues
Erwachen in der europäischen, in der deutschen Kunst
erlebt. Mitten im endlosen Wust römischer Nachahmung,
die unendlich lange als das vAntike an sichs gegolten,
entdeckte ein Mann mit hellen Augen und geistiger
Verschlagenheit, wie sie von Armut, Einsamkeit, Lebens-
drang nicht selten erzeugt werden, die fast verlorene
griechische Originalkunst. Diesem Herrn aus Stendal,
märkischem Konrektor, gri-iflichem Bibliothekar, diesem
unverzagten Renegaten um der Machtfrage Willen, Abbate
_und schliesslichen römischen Kustos löste sich aus den
winzigen Figürchen auf Kameen und Gcmmen im Dres-
dener Kabinett und in den Sammlungen seiner römischen
Kardinalspatrone, aus dem rohen Linienzug der römi-
schen Relief- und Figurenfunde allmählich das Phantasie-
bild von einer versunkenen und vergessenen Idealwelt;
er zogihr mit Schatzgriiberseligläeit bis an sein Ende
nach; _er, der erste moderne Archäologe Winckel-