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Leuchtkraft der Farben in der Natur; so reicht unsere
Palette z von der Farblosigkeit im allgemeinen in Rot und
Gelb nur bis x, im Blau aber weiter, bis z'. Wir dürfen
aber nicht eine Farbe im Uebermafs anwenden und die
andern vernachlässigen. Und, indem wir uns bemühen,
die drei Farben ins Gleichgewicht zu bringen, müssen wir
uns auch beschränken, das Blau nur bis zum Mafse x an-
zuwenden.
Böcklin sagte dann: "Wie das Blau, liegt auch das
Weifs gewöhnlich aufserhalb des F arbenkreises unserer Bild-
Stimmungen."
Ein anderes Mal sagte er: "Wenn man Weil's im Bilde
hat, ist der Farbenkreis, in dem man sich bewegen kann,
äwöfser."
Während Böcklin seine Malerei aus dem Grauen oder
einem mäifsigen Farbenkreis ins Farbige steigerte, veranlafste
er mich bei meinem Leonorenbilde, um auf denselben Stand-
punkt zu kommen, zum umgekehrten Prozefs.
Tonfolgen in Böcklins Bilde. Tempel: h ell Busch
darunter : d u n k el dann helle trocken rötlichgraue Fels-
wand: hell Wiese: dunkler (mit vielen Verkürzungen,
um den Tempel fernzurücken) Stadtsilhouette: d u n k el
Mauer und Berg davor: h e 1 l dann Baum : d u n k e 1-
Stämme davor: h e l l.
Im Vergleich zum grauen Himmel wirkt das rote Mieder,
obgleich nur dunkel Caput mortuum, so stark, als wäre fast
das kräftigste Rot aufgewendet: dieser Ton wäre sogleich
tot, wenn oben blauer Himmel gemalt würde. So aber habe