356
Die merkwürdige plastische Erscheinung alles dessen,
was Böcklin macht, kommt hauptsächlich davon her, clafs
er, oft ohne Rücksicht auf die Naturwahrheit, alle Motive
benutzt, die die Plastik und die körperhafte Wirkung des
Gemalten und die Verkürzungen besonders begünstigen.
Dies und die nur halbe Ausführung, meint Böcklin, würde
ihm in München gewifs von Vielen als Sünde angerechnet
werden, besonders von den Pilotyanern; die in Allem
genau sind und Seidenfalten, Rosen und ihre Schättchen
greifbar nach der Natur malen, denen es aber nicht
darauf ankommt, ob es denkbar ist: dal's Nero in solch
dummer, affektierter Haltung durch die Ruinen geschritten
sei. Das Psychologische eines Bildes, das auf jeden Be-
Schauer wirkt, gilt ihnen nichts.
Mai
Es ist wirklich bewundernswert, mit welcher Konse-
quenz und Selbstkritik Böcklin es durchsetzt, dafs alles,
was er schafft, vom sprechendsten, schlagendsten Aus-
druck ist und stets mit Notwendigkeit aus der Kom-
position hervorgeht. Nichts Störendes duldet er, selbst
nichts Ueberüüssiges. Alles mufs dazu dienen, den male-
rischen Gesamteindruck zu fördern.
Wiesenquelle: Schönheit und Klarheit der Farben-
disposition: das Hellgoldorange vor dem dunkel kalt
violetten Ton des Felsens ist ein gröfserer Kontrast, als
das Violettrosa des Dicken und das Blauviolett der
Nymphe zum Grün der Wiese und dem Blau der Luft.
Schöne Farbenfolgen, so dafs eine Farbe die andere an