321
Grunde bald dünner, bald pastoser lasierte, bekamen sie
ein ganz naturwahres Aussehen, da sie, wie in der Natur,
die hintere Luft durch ihr NVeifs durchscheinen lassen.
Böcklin sagt, er hätte das von den französischen De-
korateurs gelernt; die hätten bei den Marmorimitationen
auch die einfachen Flächen hingestrichen und die Adern
erst bei mehrmaligem Uebergehendarauf gemalt und mit
einem grofsen Borstpinsel vertrieben, wodurch sie eine
merkwürdige Zartheit der Erscheinung erreichten.
Böcklin hat die Luft von unten nach oben fast gar
nicht variiert, wodurch sie schöne Sattheit und Tiefe be-
kommen hat, ohne dafs er die höchsten Farbmittel auf-
zubieten brauchte, ähnlich, wie die Altdeutschen die
Farbenpracht ihrer Gewänder dadurch erreicht haben, dafs
sie deren Farbe ganz ohne Variierung des Tones aufge-
strichen haben. Er hat es aber gleichwohl nicht eintönig
und leblos hingestrichcn, sondern-nach den nebenstehen-
den Farben gestimmt, so z. B. neben dem braunen Kopf
des Knaben links blauer, über den violetten Blumen der
Wiese eine Spur graugrüner, über den gelben stumpf-
violetter etc. Die Luft erhält dadurch etwas Schillerndes,
das Auge wird geblendet und getäuscht wie durch das
Blau des wirklichen Aethers. Böcklin äufserte, er habe
immer beobachtet, dal's man über das Blau der Luft kein
Urteil habe und dafs man nicht bestimmen könne, mit
welchen Farben es nachzuahmen wäre: neben Gelb er-
scheint es violetter, neben Rosa grünlicher u. s. w.
Böcklin malte heute die Kindergestalten, rechts Einer
vor dem weifslichviolett blühenden Mandelbaum. Indem
SCHICK, BOCKLlN-TAGEBUCH 21