294
Um den Goldrahmen zu schonen, hat er versucht,
es ohne Rahmen zu stimmen; das ging aber absolut nicht,
und er konnte sich ohne das nebenstehende Gold keine
Vorstellung machen von der reichen und dabei sanften
Wirkung, die das Bild und speziell der Kopf der Venus
definitiv haben sollte.
Der Körper, obwohl in seinen Valeurs wenig von der
Luft unterschieden, ist fast blendend gelblichweifs mit
nur kleinen, markierten Schatten unterm ,Arm, die, wie
Böcklin sagt, aus reinem, lichtem Ocker bestehen. Reines"
Weifs wirkt nie so leuchtend als Weifs mit ein wenig
Farbenzusatz, besonders mit Gelb; und die blendende
NVirkung des Fleisches wird hier damit noch gesteigert,
dafs der ganz verschiedene und entgegengesetzte Ton
des blauen Schleiers dagegensteht.
Dann sprach Böcklin noch über das Vergilben
alter Bilder, z. B. der Venezianer. Das Gelbwerden
steigert das Rot und gleicht den Unterschied der anderen
Farben aus; und zwar werden die verschiedenen Rot ein-
förmig verändert, wie man bei den venezianischen Bildern
immer nur ein und dasselbe Rot zu sehen meint. Zu viel
gilbende Oele. Er sei der Ansicht, dafs Tizian in einer
ganz hellen und lichten Skala gemalt hätte; die Luft der
himmlischen und irdischen Liebe sei gewifs ganz hell und
kalt gewesen, ebenso das Fleisch. Das Bild sei haupt-
sächlich aufs Dekorative hin gemalt. Ich bezweifelte, dal's
die Bilder in der Farbe der Nebensachen (Landschaft
u. dergl.) im heutigen Sinne naturalistisch Waren. Der
Lorbeer in der Mitte des Bildes war gewifs nicht natura-