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Folge, dal's er das ganze Bild entsprechend umstimmen mufste.
Als die Winterhalter von einem warmen Ton sprachen,"
glaubte er, sie verstanden etwas ganz anderes darunter.
Später erst habe er an ihren Bildern kennen gelernt, wie viel
oder wie wenig sie leisten. Solche Leute verstehen unter
warm: Gelb und Rot, und kalt, meinen sie, sei Blau.
Die zu gelb gemalte Luft hat Böcklin nun mit fetten,
weifsen Pinselstrichen gedeckt. Ich fragte, warum er sie
nicht einfach abschleife; so könne möglicherweise ja das
Gelb durchwachsen; er erwiderte, das dürfe man nie thun;
denn es sei eine alte Erfahrung, dal's alles auf Abge-
schliffenes Gemalte reifse; warum? wisse er nicht. Viel-
leicht verbinde sich die frische Farbe nicht mit dem
glatten, harten Untergrund, denn hart und trocken müsse
er doch sein, bevor man ihn abschleifen könne.
Die Nymphe hat Böcklin nunmehr in die Höhle zu-
Tückgebracht, dadurch, dal's er den oberen Teil ihres Haares
Von der Höhle leicht beschattet sein liefs. Dann hat er
mit kalt hellem Grau und mit hell Rosagrau den Rosen-
busch üppig bis zur Höhle herabhängend gemalt. Zugleich
durchschneiden, in ganz leichten Tönen, einige Aestc mit
Rosen am Ende die Figur des Faun und werfen auf die
Oberschenkel einen leichten Schatten.
Das Gelb habe ihn überall auch zum Gelbgrün ver-
leitet, so dafs er es mit dem Braun überall durch deckende
Farben aufheben müsse. Dabei verfährt er aber vorsichtig
und sucht zugleich die Form zu berichtigen,'und so wird
das Bild nicht wie durch eine Herabstimmung im GEIHZCII
zurückgebracht, sondern eher gefördert.
SCWCK, BÖCKLlN-TAGEBUCH 19