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20. Januar 69.
Anadyomene. Böcklin sagt, es sei ihm schwer
geworden, für diesen linken Amorin die richtige Ver-
kürzung und Farbe zu finden. Letztere müsse im Lokal-
ton unterschieden sein von dem anderen und zurück-
weichen und etwas luftiges Aussehen haben, damit das
Licht der Göttin recht hervortrete. Der Teil des Schleiers,
an dem dieser-linke Amorin zieht, ist von der Luft auch
weniger durch sprechendes Dunkel unterschieden, als der
andere rechte, sondern mehr durch sprechende grünblaue
Farbe.
Die Harmonie des Bildes bewegt sich so ent-
schieden 'auf Blau, dafs die geringsten Nuancen und
Farbenunterschiede zur Geltung kommen. So sieht z. B.
ein Ton auf dem Flügel aus Ultramarin und Weifs
violett-taubengrau auf dem (mit Gelb gebrochenen)
Aether aus.
Das Bild ist unglaublich hell. Die Körper hat Böcklin
durch Lasuren mit Weifs aus einem farbigeren Lasurton
herausmodelliert. Das Bild sei so hell, dafs es unmöglich wäre,
ein brillantes Rot einzuführen. So würde z. B. Zinnober-
rot als Schatten und ziemlich starkes Dunkel wirken.
Böcklin hat mit Zinnober bei den Putten die Dunkelheiten
gemalt (in Auge, Mund, Nasenloch, Ohr u. s. und er
wirkt dunkel und stumpf wie Morellensalz. Böcklin meinte,
wenn helles Rot herausleuchten solle, so hätte er überall
das Licht des Fleisches herabstimmen müssen.
Böcklin bereut bei der Gipsleinwand der Anadyomene
die Kohlenstriche der Aufzeichnung fixiert zu haben.