193
machen aller Nebensachen. Uninteressänt und wenig in die
Augen fallend ist jedoch sehr zu imterscheiden von
häfslichl
Die Verteilung in einen gegebenen Raum ist das
Aller-erste und die Hauptsache beim Komponieren. In
allen Werken Rafaels (besonders Farnesina) ist dies so
vortrefflich gelöst, dafs es scheint, als habe er vor allem
Seine Hauptaufmerksamkeit hierauf gerichtet, und als sei
ihm dies stets das Erste gewesen.
Naturstudien nach dem Modell bei Licht zu machen,
Sei sehr nützlich. Bei einem Bilde jedoch, das Tageslicht
darstellt, sind solche Studien nicht am Platz, denn man
erhält nicht den Eindruck der Farbe. Die Caracci haben
ihre Studien vorzugsweise bei Licht gemacht, und das sieht
"man ihren Werken auch an.
2. November 68.
Böcklin sprach von Modellen. Er habe im frühern
Atelier einmal ein sehr dickes Frauenzimmer gehabt und
gefunden, dafs solche Naturen ganz trefflich zu brauchen
Sind- Wenn ein Maler nach akademischer Weise nur
Seine Muskel- und Knochenkenntnis zeigt und die Figur
nOCh so wissenschaftlich genau giebt, so giebt er eben
nicht mehr, als ich und jedermann schon Weifs: er schafft
110'311 keine neue Individualität.
Rubens hat solche Naturen benutzt, und was die
Lebensfülle seiner Werke betrifft, so ist Tizian ein Nacht-
Wächter gegen ihn. Tizian hat in einer Venus, wie die
Üorentinische, Wohl ein schönes Weib porträtiert, aber es
SCHICK. BÖCKLlN-TAGEBUCH I3