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Am Abend wbttim Alessandrorr, wohin ich mit seiner
Familie zum Abendessen ging, machte mich Böcklin darauf
aufmerksam, wie umgebende Formen dazu beitragen können,
ein Gesicht weich und angenehm wirken zu lassen. Seine
Frau trug eine Weifse Blouse mit schwarzen Sammetbändern
durchzogen, die in harten eckigen Formen auf dem Weils
standen. Auf solchen Gegensätzen beruht die geheimnisvolle
Wirkung des Helld unkels. Ich meinte, solche Formen
zögen aber den Blick mehr auf sich, als andere Formen,
selbst als das Gesicht. Böcklin: Das sollen sie auch. Der
Blick wird aber aufderlei uninteressanten Sachen nur einen
Augenblick ruhen und dann mit gröfserem YxVohlgefallen auf
die Gesichtsformen übergehen. Je härter andre Formen
daneben stehen, je plastischer und wirksamer könne man
die Fleischformen herausbilden. Man könne neben eine Figur
schneidig ein Fenster mit heller Luft draufsen malen; das
Auge wird nur einen flüchtigen Blick darauf werfen und
lieber auf der nebenstehenden Figur weilen.
In obigem Kleide, sagte Böcklin, hätte er seine
Frau als Muse in jenem Bilde gemalt, das der Basler
Kunstverein von der Münchener Ausstellung kaufte. Sie
hält einen Kranz in der Hand.
Bei meiner Skizze zum zweiten Leonorenbilde wollte
ich die Idee der wLeonorem ganz aufgeben und die Fi-
guren antik halten. Böcklin meinte, lieber modern, denn
die Eindrücke hätte ich unmittelbar, die Eindrücke des
Altertums aber nur mittelbar durch Statuen und Bilder.
Zu meinem Michelinen-Kopf probierte ich den hellen
Atlasstoff, der mir gut zu stimmen schien. Böcklin nannte