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VIII.
Versuche
antiker Enkaustik.
"liöcklin sprach über antike Enkaustik, die von
der neueren sog, Enkaustik (bei welcher mit Wachs und
Terpentin [kalt] gemalt wird) himmelweit verschieden wäre,
Man hätte noch genaue Nachrichten darüber, und im
Neapolitanischen Museum würden noch einige von den
eisernen Spateln aufbewahrt, mit denen man (im glühenden
Zustande) die Wachsfarbe aus den Töpfchen holte und auf
das Bild schmolz. Sie hatten verschiedene Formen, je nach
ihrer Bestimmung, und ein eiserner Kolben diente dazu,
recht lange die Hitze festzuhalten, damit das dünne Mal-
eisen nicht so schnell verkühlte. Der HandgrilT war von
Holz oder bewickeltß")
Hier zeigt sich Böcklins aussergewöhnliche Be-
gabung, in technischen Dingen gleich das richtige zu
treffen; er hat sozusagen intuitiv herausgefunden, dass
die damaligen Rekonstruktionsversuche nicht dem
Wesen der antiken Enkaustik Rechnung trugen, und
wie richtig Böcklins Anschauung war, haben die in
ln einer Eintragung auf Seite 77 heisst es: „Zur Wachs-
m alerei haben sie [die Alten] auf alten Darstellungen ein Kohlen-
becken neben sich, worin die Farbentöpfe stehen, um die WVachs-
farben immer heiss zu halten. Mit einer Art Modelliereisen (wohl
auch mit Pinseln) wurden sie dann aufgetragen und verteilt",
Eine solche Darstellung ist mir nicht bekannt. Vielleicht meinte
Böcklin die Darstellung des sog. Pygmaeenateliers, eines ver-
lorenen pompejanischen Bildes, auf welchem eine Figur an einem
runden Tischchen Farben reibt? Die unter dem Tischchen be-
iindlichen Farbentupfen hatte man anfänglich für glühende Kohlen
gehalten (zuerst abgebildet bei Mazois, dann bei anderen. Vgl,
die Abbildung in meinem Werk, Maltechnik d, Altert_, S. 174).
Mit dem "Modelliereisen" ist das sog. "Cestrum" gemeint, das bis
in die neueste Zeit als alleiniges Instrument für Enkaustik ge-
golten hat, bis durch die Verbesszrung der schwierigen Plinius-
Stelle (XXXV, 149) durch Prof. C. Mayhoff, Dresden, festge-
stellt werden konnte, dass zu diesem Zwecke auch ein „cauteriun1"
genanntes Instrument diente.