32 IV. Art des Schaffens. Koloristik, Einfiuss auf die Technik.
Dann hat er auch zu der Predella (Fusstiick beim Altar-
bild) gegriffen, um den Eindruck des Hauptbildes zu ver-
stärken, z. B. im "St, Antonius, der den Fischen predigtu
ist das Weite, Lichtvolle, Silberige des Meeres im Haupt-
bild erheblich verstärkt durch das dunkle Fusstück, das
den Kampf der Fische unter sich auf dem Meeresgrunde
darstellt,
Oft ist es ihm aber auch gelungen, in einem Bilde
eine düstere, nächtliche Stimmung gegen eine helle, freu-
dige auszuspielen, z, B. in der "Nacht", in der ergreifenden
„Pietä." der Berliner Nationalgalerie und in der "Melan-
cholie".
Die letzteren Probleme sind nicht nur für die Farbe
von Bedeutung. sondern auch in hohem Grade für die
Raumbildung. Die Fläche zum Raume umzugestalten, hat
vielleicht keiner so verstanden wie er und zwar
durch die dekorative Wirkung der Farbe, weniger
durch das Auflösen der Farbe, wie es durch die dazwischen-
liegende Luft bedingt ist; wie er z. B. ein starkes Rot im
Vordergrund anwendet, um die verschiedenen roten Nuancen
des Mittelgrundes zurückzutreiben. Aber auch die Sil-
houette benützt er als Repoussoir. Ein dunkler Vorder-
grund mit einer oder mehreren dunkeln Vertikalen, wie
Bäumen, Figuren, dient ihm dazu, den beleuchteten Mittel-
grund, in dem die Farben stark sind und herandrängen
wollen, zurückzutreiben. Er ist unermüdlich im Erfinden
von immer neuen raumbildenden Mitteln; wie überraschend
wirkt z. B. in der "Gartenlaube" das Hineinführen des
Auges in das Bild durch die Symmetrie der perspektivi-
schen Blumenbeete, wie es Tulpe für Tulpe hineinspaziert.
bis es an der Mauer, die quer gegen die übrigen Linien
steht, zurückprallt und auf den beiden Figuren haften
bleibt. Und wie werden zugleich die Figuren in ihrer Be-
wegung gesteigert durch die starre Symmetrie der Um-
gebung. Und wie er vollends durch diese Beschränkung
des Raumes dem Bilde einen seelischen Gehalt gibt, ist
kurzweg als genial zu bezeichnen.