Ungenauigkeiten der Rezepte.
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Athos, jenem Dokument der byzantinischen Malweise,
ein Rezept des Mönches Theophilus von Paderborn,
der Kirschharzgummi als Malmittelverwendet." Welche
Wirrnis! Wie kommt Theophilus von Paderborn ins
Malerbuch vom Berge Athos und zur byzantinischen
Malweise? Gleich darauf folgt die Beschreibung des
Malmittels, das aus „Kirschgummi nebst Petroleum,
Terpentin und Balsam Kopaivae" bestanden habe.
Aber von solch einem Rezept wird man weder bei
Theophilus noch im Malerbuch vom Berge Athos nur
die geringste Andeutung finden. Das Rezept ging
von Würtenberger dann in Frey (S. 83) über; es
gilt seither als ein vollkommen authentisches, und da
es zu Böcklins spätesten Malmitteln gehört, vielleicht
als sein allerbestes.
Dem steht ein sehr interessanter von H. Mendel-
sohn (S. 217) veröffentlichter Brief des Meisters da-
tiert vom 2. Oktober 1893 gegenüber, in welchem er
vollkommen genau die von Theophilus Presbyter
beschriebene Kirschgumrni- und Eiweiss-Technik mit
Oelürnisüberzug als seine „neue vielmehr alte Mal-
weise" bezeichnet; überdies haben wir noch die aus
Böcklins eigenem Munde überkommenen Nachrichten
vom Jahre 1896 und 1898 (s. oben im I. Kapitel), die
nichts von den genannten Zusätzen (Terpentin und
Petroleum) enthalten. In dem nämlichen Briefe ist
auch von der später angewendeten Form der Emul-
sion noch gar keine Rede.
Soll man Floerke glauben, dann hätte Böcklin
schon fünf Jahre vorher mit dieser Kirschharztempera
ohne jeden Zusatz gemalt, denn der erstere berichtet