Böcklins technische Kenntnisse. l 65
Bei der antiken Enkaustik ist es ihm sofort klar
gewesen, dass die Wärme sowohl zum Auftragen als
auch zur Verarbeitung der Wachsfarben unbedingt
nötig war, und er hat darin das Wesentliche der En-
kaustik richtig erkannt und durch einige Versuche
die Ausführungsmöglichkeit bewiesen. Wir haben
darüber bereits gehandelt (im Abschnitt VIII). Um
das Problem der antiken Wandmalerei hat sich Böck-
lin Verdienste erworben, da er bei der Ausführung
der Baseler Fresken die traditionell als Freskoanweisung
geltenden Angaben Vitruvs in die Wirklichkeit um-
setzen wollte. Durch das Misslingen dieses Ver-
suches hat er sich aber nicht beirren lassen und ist
rein empirisch zur Erkenntnis gelangt, dass nur dann
eine aufs Nasse gemalte Farbe glatt wird, wenn man
sie glättet. Damit ist Böcklin schon vor 40 Jahren
genau zu dem nämlichen Resultate gelangt, als die mit
vielen mühevollherbeigeschafften Beweisen festgestellten
Tatsachen neuester Forschung. Für ihn bedurfte es
keiner langen Beweisführungen und Gutachten von
Gelehrten oder Chemikern, er hat mit dem Blicke des
gewiegten Fachmannes alsbald erkannt, dass die so
lange gesuchte Technik der italienischen Stukkolustro-
technik nahekommtßi)
Der ungeheure Respekt vor den alten Traditionen
in technischen Dingen hat Böcklin, wie wir gesehen
haben, zur Theophilus-Technik geführt; er mochte
sich gesagt haben, dass diese aber nur der Vorläufer
der späteren Jahrhunderte gewesen sein konnte, und
Vergl.
die
„Nachschrift"
101.