132 XI. Züricher Zeit.
pera- und besonders des Emulsionsfeldzuges recht erfrischte
und wieder recht im freien Schaffen ergehen liess. Hätte
der Meister sich damals entschliessen können, statt Eiweiss
Eigelb zur Emulsion zu nehmen, wäre alles ganz leicht ge-
gangen, aber er hatte mit dem Eigelb allein schlechte Er-
fahrungen gemacht."
„Das Springen der Farbe war immer noch die Haupt-
kalamität der Tempera. Einer kleinen Madonna, an welcher
ich mit grosser Liebe malte, war Ischliesslich durch die-
täglichen freilich ganz berechtigten Einsprachen des Meisters
stiickweis von der Tafel der Grund mit der Malerei ab-
gefallen, einmal sah sie ganz ordentlich aus. Dann kamen
die Emulsions- und F irniswehen, und die Frische war zum
Teufel. So ging es schliesslich mit allem, was ich anfing,
zuletzt waren gewöhnlich bloss noch die Knochen übrig.
Auf den Vorwurf des Meisters, dass ihm doch nichts
springe, zeigte ich ihm boshaft eine Stelle auf seinem Ma-
donnenbilde, die ich beobachtet hatte, als ich, wie oft in
seiner Abwesenheit, vor seinen Bildern stand. Es war
wirklich auch eine abgefallene Stelle, er musste es selbst
zugeben. Die Tempera wurde aber nie ganz aufgegeben,
sie wurde zur Untermalung beibehalten. Von den Farben
musste ich ihm nur noch Bleiweiss in Firnis reiben, und
zwar hatte er an einer kleineren Tube ein halbes Jahr oder
noch länger genug. Die übrigen Farben bereitete er sich
immer selbst täglich auf der Palette in sehr kleinen Mengen,
wenn er so zwischen 9 bis 10 Uhr ins Atelier kam ft