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Züricher Zeit.
Hergestellt wird die Oeltempera vermittels der soge-
nannten Emulsion, weswegen sie auch Emulsionstempera
heisst.
Emulsion ist eigentlich eine künstlich bereitete Milch.
Sie entsteht durch Zerreiben eines jeden ölreichen Samens
mit wenig Wasser, ebenso durch Feinreiben fettartiger
Stoffe mit klebrigen, wasserlöslichen, wie z. B. Gummi.
Diese klebenden Stoffe, welche auch in den Samen ent-
halten sind, gestatten nämlich, Fette und Oele so fein zu
zerteilen, dass die einzelnen Tröpfchen sich nicht mehr zu
vereinigen vermögen, sondern, durch Wasser getrennt,
schweben bleiben. Die auf diese Weise entstandene
Mischung ist weiss, wie jede innige Mischung farbloser
StoITe, die das Licht verschieden brechen.
In der Natur sind solche Mischungen sehr häufig; alle
Milch der Säugetiere z. B. besteht aus einer Emulsion des
Butterfettes mit Kasein. Ferner sind im Eidotter ein eiweiss-
artiger Stoff, das Vitellin, und das Eieröl emulgiert. Das
Vitellin besitzt, was für den Maler unter Umständen wichtig
ist, eine solche emulgierende Fähigkeit, dass es ausser dem
im Dotter enthaltenen Oel noch ein Quantum zu binden
vermag, das ungefähr dem Gewicht des ganzen Eidotters
entspricht.
Man gewinnt eine Oelemulsion, indem man zum Beispiel
einenTeil pulverisierten Gummi [arabicum] unter allmählicher
Zugabe von 17 Teilen Wasser mit zwei Teilen Oel verreibt,
Die Zahl der Oelemulsionen und damit diejenige der Oel-
temperarezepte ist nahezu unbegrenzt, so dass neue Ver-
bindungen und Varianten in grosser Menge möglich sind.
Zu den Kennzeichen einer guten Oeltempera gehört das
feste und das rasche Auftrocknen. Dieses rasche Auf-
trocknen bildet einen ihrer Vorzüge, aber nicht den einzigen.
Sie ermöglicht nämlich auch, da man die mit ihr ange-
riebene Farbe sehr verdünnen kann, eine häufige Ueber-
malung und ein rasches Arbeiten zugleich, weil man, wenn
man die Temperaschicht mit einer Oel- bder Oellirnislasur
überzogen hat, auf dieser Lasur, selbst wenn sie noch nass