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Firnisfarbe.
und
Temperamalerei
starke Pappe der Leinwand vorgezogen, weil zu be-
fürchten war, dass die Nässe beim Malen die Leinen-
fasern ausdehnte und beim Trocknen dann leicht
Sprünge in der Farbschicht entständenfi)
Böcklin waren alle diese Dinge längst nichts
Neues. Schick (S. 169 u. 170) weiss darüber zu be-
richten, dass er sogar auch mit der Eigentümlichkeit
des Eies, Oele zu emulgieren vertraut war. Es heisst
a. a. O.:
der
„lst die Eifarbe aber einmal trocken, so kann man sie
mit Wasser nicht gut wieder fortnehmen, da das Eigelb
mit dem Klebrigen zugleich Fettiges enthält, welche Eigen-
schaften durch Zusetzen von einigen Tropfen Oel
noch vermehrt werden, (Mit der Zeit wird die Farbe so
steinhart wie alte Oelfarbe)"
In der Fortsetzung der Stelle (die von der Malerei
Pompejaner handelt) wird gesagt:
„Da die Eifarbe eben langsam trocknet, d. h. höchstens
in 1-2 Stunden, so gestattet sie eher als andere Leim-
oder Harzfarben (jedoch immerhin sehr schnell) etwas nass
in nass zu vollenden. Zu erinnern ist, dass Ei sich in
Spiritus zu einer in Wasser unlöslichen Substanz auflöst. w]
Durch Zugiessen von etwas Essig kann man Eigelb vor
dem Faulen bewahren."
Das von Böcklin unter "Tempera" verwendete
Bindemittel bestand also aus Eigelb mit einigen Tropfen
Leinöl verrührt und mit etwas Essig zur Konservierung
4') Als der Verfasser anfangs der 80er Jahre nach München
kam, war diese Eitempera die allein bekannte und verwendete
Art. Später kam noch die sogen. Wurmsche Tempera, deren Zu-
sammensetzung aber geheim gehalten wurde, hinzu, dann in neuerer
Zeit die v. Pereira usw.
i") Diese Eigenschaft des Spiritus ist nicht zutreffend. Spiritus
kann höchstens konservierend auf das Eigelb wirken.