Steinskulptur
Steinskulptur, fragen wir, die Bedingung, die Hilde-
brand beim Modellieren in Thon vermisst, dass der
Bildner "von einer allgemeinen Raumvorstel-
lung ausgehe", wie dies etwa vom Maler gesagt
werden kann? Nur wenn dies wirklich der Fall ist,
wie Hildebrand annimmt, können wir ihm auch weiter
folgen zu seiner "Behauptung, dass die Aufgabe des
Bildhauers und des Malers durch dasselbe Vorstel-
lungsbedürfnis geleitet 'werde, und dass in beiden
Künsten nur ein und dasselbe Gestaltungsprincip
walte"
Auf Grund der Tatsache, dass der Steinblock
als massiver Raumkörper von vornherein dem Bild-
hauer gegenübersteht, glaube ich, muss die Antwort
auf unsere Frage "Nein" lauten. Er geht nicht von
einer allgemeinen Raumvorstellung aus, sondern von
einem konkreten, durch den gedachten und allmäh-
lich auszuhauenden Körper erfüllten Raum oder
richtiger gar von einem Massenvolumen. Das K0-
ordinatensystem ist ja bereits im Marmorblock fest
lokalisiert und mit demjenigen der darin entstehen-
den Figur identisch. Insofern könnte grade vom
Thonbildner mit grösserm Recht gesagt werden, er
gehe von einer allgemeinen Raumvorstellung aus
und konstituiere darin durch Aufrichtung seines Ge-
rüstes den Einzelraum, der wieder nicht ausscrhalb
der Statue existiert, sondern von vornherein an den
darzustellenden Gegenstand gebunden ist. Es ist in
beiden Fällen ein Sonderraum, ein allseitig um-
gränztes Raum- oder Massen-Volumen, das für den
Bildner, der die Gestalt hineinsieht, an diesem Kör-