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hlinuik und Plastik
der Körperbildnerin zu tun ist, die Heraushebung
des bleibenden Bestandes aus all dem mimischen
Wechsel und all der Beweglichkeit der Gliedmaßen
in ihren besonderen Funktionen. Der Kern des
menschlichen Einzelwesens als eines selbständigen
Körpers im Raum wird damit konstituiert, das
ist der Anfang der Plastik.
Deshalb haben wir uns früher schon gesagt, die
Wurzel der plastischen Schöpfung liege in der
Höhendimension, die wir gemäss dem eignen Körper-
gefuhl die erste nennen. 1) Mit der Annahme oder
Aufrichtung eines Höhenlotes als Dominante des
dreidimensionalen Komplexes beginnt die konkrete
Gestaltung in irgendwelehem Material. Wo der
rohe Steinbloek als Surrogat eines eigenen Ge-
schöpfes angenommen wird, da ist es ja die Natur,
die "das Selbstverständliche", d. h. die konstitutive
Grundlage des Körpers liefert. Von der eigen-
händigen Behandlung des bildsamen Materials da-
gegen, das nichts als einen formlosen Brei oder
Teig darbietet, von dem primitivsten Kneten und
Formen in Thon und Wachs oder dergleichen dürfen
wir also viel deutlicheren Aufschluss über die Ent-
stehung der konstitutiven Faktoren der Körperlich-
keit erwarten, auf die es ankommt. Für die plastische
Herstellung grösserer Figuren in Thon wird ja der
Haltbarkeit wegen zuerst ein Gerüst aufgebaut und
I) Das XVesen der architektonischen Schöpfung, Leipzig 1893
Der Wert der drei Dimensionen im menschlichen Raumgebilde,
Leipzig (Berichte der k. sächs. Gesellschaft der Wiss., 1896 und
Heft I dieser Beiträge zur Ästhet. d. bild. Künste. 1896. S. 33.