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Plastik
und
Mimik
Luft malt (I, 101), indem wir damit freilich hinter
die Form der Äusserung zurückgriffen, die man als
bildende Kunst wird anerkennen wollen. Aber der
Ausgangspunkt aller ausdrucksvollen {Betätigung
liegt zweifellos in der Mimik (I, 25). ]eder Ver-
such konkreter Gestaltung aus bildsamem Stoff,
d. h. die ersten dunkeln Regungen der Körper-
bildnerin, sind ebenso als Hantierung des Menschen
an dem ungeformten Substrat schon Gebärdung,
d. h. Bestandteile mimischer Äusserung, und Aus-
druck unsers innern Nacherlebens und llrlitgefiihles
mehr, als Nachahmung der Dinge vom Standpunkt
objektiver Beschaulichkeit.
In dem Gesamtgebiet der Gebärdung und der
Ausdrucksbewegung liegen auch die Antriebe zur
künstlerischen Gestaltung, die allmählich zum plasti-
schen Schaffen gedeihen. Dort sind sie aufs Engste
verknüpft mit unserm Körpergefühl, das aus dem
Innern nach Aussen dringend, nur die Extremitäten
in Bewegung setzen, als physische Tätigkeit zu
Tage treten kann. Die Übertragung der innern Er-
regung auf den motorischen Apparat ist die Haupt-
sache für alle schöpferische Betätigung, und erst
im weitern Gange scheiden sich die Wege, ob die
Körperbewegung allein den mimischen Verlauf nehme,
oder ob sie zu konkreter Gestaltung, zur Hervor-
bringung eines plastischen Gebildes übergebe.
Die Kenntnis unscrs Leibes als organisches Ge-
wächs, die Beobachtung unsrer Körperformen im
Sinne eines Abbilds liegt viel ferner, als die Kennt-
nis dieses Leibes nach seinen natürlichen Funktionen