Das plastische Problem
des Bildners
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stellenden Tätigkeit des Bildhauers an den zweiten
Platz. So sehr der Gesichtseindruck, das Gesamt-
bild beim Wahrnehmungsakt des Beschauers dem
fertigen Kunstwerk gegenüber die Priorität behauptet,
und so sehr der gewiegte Meister stets unter dem
leitenden Einfluss dieses vorschwebenden Gesamt-
bildes arbeiten, ja schon erfinden mag, und bei der
ersten Anlage wie bei der fortschreitenden Ökonomie
seiner Tätigkeit diesem Endziel zu sich einzurichten
und abzurichten gewöhnt, es bleibt der Über-
gang vom schöpferischen zum geniessenden Subjekt,
von Aktivitäi zur Kontemplation übrig, der nicht
übersehen werden darf.
Fassen wir diese Erwägungen zusammen, so
muss die Behauptung gewagt werden, das "plastische
Problem des Bildhauers" kann in der sinnlich wahr-
nehmbaren Einigung der realen Form für den Augen-
schein doch nicht allein gesucht werden. Wir ver-
mögen darin nur eine sehr wichtige, die ästhetische
Aufnahme des Kunstwerkes ausserordentlich för-
dernde Vorsorge zu erkennen. Die letzte Einigung
des Ganzen geschieht ja doch nicht in dem Sinnes-
eindruck, in der optischen Empfindung unsres Seh-
organs, sondern in der Vorstellung. Und die plasti-
sche Anregungskraft der Erscheinung beruht doch
wol noch auf andern Eigenschaften, die selbst dem
reinen Augenscheine noch die volle Ailsdrucksfahig-
keit der Form gewähren, indem die Gegenstands-
vorstellung sonst dabei zu Hülfe kommt.
Unsrer Überzeugung nach kann das "plastische
Problem des Bildhauers" als solches, mithin das