Das Reich
der Kunst
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schritt, den die Raumdarstellung über die Körper-
darstellung, oder gar die summarische Andeutung
dieser durch Umriss und Silhouette, als Hieroglyphen
der Gegenstandsvorstellung, kurz und schlagend aus-
gedrückt werden. Den nämlichen Verdeutlichungs-
wert allein beansprucht die Formel für das Gebiet
der Poesie, wo das Überwiegen des Lautlichen oder
Tonelements natürlich die Neigung zum reinen Ge-
fühlsausdrtlck, d. h. das Lyrische, ja das Eindringen
musikalischen Strebens bedeutet, während die Hege_
monie der Gebärdung, des Motorischen, der Akti-
vität, auch den Charakter der Dichtung dem Epischen
zutreibt, das auf der ausschliesslichen Bevorzugung
des Mimischen beruht, da wir als Gebiet der Mimik
alle ausdrucksvolle Betätigung des Menschenkörpers
verstehen. Doch leuchtet von selber ein, dass im
Gesamtreich der geistigen Vorstellung, WO das un-
sichtbare lnnenleben regiert, jeder Versuch zur Ver-
anschaulichung eine Gefahr mit sich bringt, durch
dies Erleichterungsmittel mehr zu schaden als zu
nützen, eine Gefahr, der selbst unsre experi-
mentelle Psychologie nicht entgangen ist, indem sie
die „Dirnensioncn" des Raumes auf die „Charak-
teristik" der psychischen „Erscheinungen" lauter
Ausdrücke der räumlichen Auffassung und deshalb
der bildenden Künste überträgt.
Wäre dieser Missbrauch nicht zu fürchten, würde
ich in das obige Schema auch die Farben des Spek-
trums eintragen, und zwar das Feld der Architektur
als Violett, das der Plastik als Blau, das der Malerei
als Grün, auf der andern Seite das der Poesie als