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Einleitung
suchen, mit zahlreichen vibrierenden Nervenendi-
gungen in und neben den Zäpfchen der Retina, so
haben .wir fortwährende unausgesetzte Bewegungs-
tätigkeit, nicht allein chemische Reaktion, sondern
mitwirkende Empfängnis, ja ein Entgegenkommen,
das bis zum feinsten innerlich vollzogenen Abtasten
sich steigern mag. Nur so scheint sich zugleich
eine Erklärung anzubieten, Wie unser Sehen Wieder
auf die motorischen Centren übertragen zum Nach-
formen des Gesehenen durch _die Tastorgane der
Finger zu werden vermag. 1)
Doch lassen wir diese Erklärungsversuche der
physiologischen Optik, mit denen wir doch nicht
auskommen, ganz aus dem Spiel, bis auf die eine
Tatsache, die wir berücksichtigen müssen: bei der
Kleinheit der Stelle schärfsten Sehens im Auge bleibt
ja schon die Mitwirkung des beweglichen Apparates
der Augenmuskeln unentbehrlich, und der Appell
vom sinnlichen Wahrnehmen, mit dem sich die
Physiologen beschäftigen, an den Vorstellungsakt, in
dem der Psycholog die Synthesis sich vollziehen
lässt, bleibt unausweichlich.
Doch sei auch dem, wie ihm wolle: die An-
nahme eines ruhigen Schauens, das sich ohne Be-
wegungstätigkeit vollzöge, ist eine Fiktion, und der
I) WVir haben diesen Bedenken schon in den beiden früheren
Heften dieser Beiträge durchweg Rechnung getragen, soweit dazu
Veranlassung war (vgl. z. B. II, II Vgl. neuerdings auch E.
te Peerdt, Das Problem der Darstellung des Momentes der Zeit.
Strassburg 1899.