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Schlussbetrachtung
traktus herum gemäfsigt; aber das Neue, das so
erwächst, das Wort erobert die Welt 1). Auf der
andern Seite liegt ein ganz ähnliches Verhältnis vor,
das die Malerei über ihre beiden Sehwesterkünste
hinausgehen lässt. DieArchitektur ist Raumgestalterin,
so dass das kleinste Element, das sie verwertet, schon
eine dreidimensionale Raumgrösse ist, und zwar ein
Hohlraum, dessen Koordinatensystem nicht indifferent,
eine beliebige "Vertauschung der Axen gestattet, auch
wo sie gleiche Ausdehnung haben, sondern sozusagen
aceentuiert ist, indem die Richtung vom Menschen
aus die treibende Kraft enthält, also die Tiefenaxeg).
Die dritte Dimension ist Dominante auch im embryo-
nalen Zustande, im ersten Keim der architektonischen
Schöpfung. Die Plastik ist Körperbildnerin; das
kleinste Element, das sie verwertet, ist Körper, ein
Molekül von drei Dimensionen, ein konkreter Punkt.
Aber auch hier ist das Koordinatensystem nicht ohne
ausgesprochene Richtung: die erste Dimension, die
Vertikalaxe ist Dominante, die Richtungsaxe unsres
eigenen Wachstums die erste Bedingung, einen Gegen-
stand ausser uns als Körper für sich anzuerkennen. So
kann die Wurzel der plastischen Schöpfung nur in der
Höhe gesucht werden. Das einfachste, wie das reichste
Werk der Malerei dagegen dürfte wol nicht anders
1) Vgl. Zur Frage nach dem hlalerischen (Heft I dieser Bei-
träge 1896) S. 105.
2) Das Raumvoluxnen, mit dem die architektonische Schöpfung
eigentlich vor sich geht, ist der "ästhetische Raum" des leib-
haftigen Menschen selber, dies also die natürliche Maßeinheit, die
wiederholt wird.