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Dekoration
Reliefanschauung und
Schmalseiten aber vereinzeln sich die Gestalten, lockern
sich die Glieder, zur Betonung der Vertikale, des
organischen Zusammenhanges im Gewächs, von Unten
nach Oben. Warum dies? An der Stirnseite, wie
an der Rückseite ist der Abstand der Säulen von
der Wand weiter, also die Entfernung des Beschauers
grösser und die Richtung seiner Bewegung nicht
die transitorische des Entlangschreitens, sondern die
stetige dem Ziel entgegen; die Tiefenaxe dominiert,
und das ruhige Verweilen auf einem Standpunkt
stellt.sich ein.
Von allen Tiefenaxen auf einzelne Gestalten zu
unterscheidet sich wieder die mittelste auf den Ein-
gang zu als die Herrscherin, die Axe der Symmetrie,
der Diremtion nach beiden Seiten, und sie weist
weiter in das Innere des Heiligtums. Oder treten
wir vom Parthenonfries zurück, vor die Front des
griechischen Tempels überhaupt. Auch da meldet
sich die Scheidung zwischen dem schweifenden Über-
blick über das Ganze und der festen Richtung des
Vorwärtsschreitens auf seine Mitte zu früh genug.
Die Spitze des Giebeldreiecks kündigt ja schon von
ferne, dass hier die Dominante des Ganzen liegt.
Nicht umsonst bildet die Mitte der Säulenreihe nicht
eine Säule, sondern ein Intervall. Es handelt sich
nicht um eine allgemeine Tiefenbewegung des Be-
schauers zwischen den Säulen durch, sondern um
eine besondere Tiefenbewegung des Besuchers selbst
in ganzer Person: er soll wirklich hineinschreiten
in den Raum, "wo er sich öffnet! Und droben ge-
hört zum verbindenden Gebälk, zur wechselnden