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Relief anschauung und Dekoration
Wand oder der Säulenreihe als Raumgränze gelegen
ist, mag auch unter dieser Hauptinstanz wieder von
raumschliessenden und raumöffnenden Faktoren im
engern Sinne die Rede sein. Wenn er aber behauptet,
durch diese Reliefbildung allein „erhalte der Bau
erst seine künstlerische Einheit", so vergisst er das
Wesen der Architektur als Schöpferin kubischer
Raumgebilde, und zwar in erster Linie für ein Subjekt,
das nicht Augengeschöpf allein ist, sondern als
dreidimensionaler Körper in die Raumform ein-
gehen will 1).
Am Aussenbau des griechischen Tempels bewährt
sich wieder die natürliche Entstehung unsres Sch-
raumes unter Einfluss der Augenlage und ihres um-
gebenden Bewegungsapparates, indem wir von den
Säulenstämmen zur Kapitellzone aufblicken. Ein
wenig höher noch begegnet die alternierende Reihe
der Metopen und Triglyphen oder der durchlaufende
Fries mit seinem rhythmisch aufgereihten Relief-
schmuck. Bei der Erstern waltet der vertikal
durchgreifende Zusammenhang zwischen Oben und
Unten, beim Letztern überwiegt die horizontale
Bindung; das hängt von der Gesamtökonomie der
beiden verschiedenen Stile allein ab. Unser Er-
klärungsprincip aber bewährt sich bei Beiden durch-
aus. Die Metopen haben starkes Hochrelief mit
ausgesprochener Neigung, nach oberhalb auszuladen;
dunkle Färbung des Grundes hebt das Gebilde erst-
vgL
I) Was die Stelle über den griechischen Tempel S.
Heft II dieser Beiträge S. 24 f.
81 betrifft,