204
Reliefanschauung und Dekoration
wenn wir die Decke wegdenken und den [Innenraum
des Hypäthraltempels dafür ins Auge fassen.
Das von oben einfallende Licht bringt in dieser
Cella um so schärfer alle Besonderheiten solcher Be-
leuchtung mit sich, als der verhältnismäßig geringe
Abstand der Langwände eine breitere Verteilung
zerstreuten Lichtes ausschliesst. Darin unterscheidet
sich wesentlich jede weiträumigere Anlage eines
Binnenhofes, die wir sonst zunächst damit vergleichen
müssten. Das Innere des Tempels ist als letztes
Stück des Processionsweges gedacht und ausgestattet,
deshalb nur eine schmale Strasse, und nur eine
Richtung herrschend. So kommen die Seiten links
und rechts, mögen die Umfassungsmauern der Cella
selbst "oder Säulenstellungen davor dem Eintretenden
gezeigt werden, vollständig unter das Gesetz der
successiven Betrachtung, der Ortsbewegung auf das
Ziel hin, die sich rhythmisiert, und in dieser künst-
lerischen Fassung stehen bleibt. Nur der Anblick
des Zieles selber, der Gottheit an ihrem Platz, bietet
sich der simultanen Anschauung vom entferntern
Standpunkt, der sich aber mit jedem Schritt vorwärts
dem Gegenstande der Verehrung nähert, bis auch die-
ser ganz kubisch wirkt, wie das Säulenpaar zur Seite,
in leibhaftiger Gegenwart. Der Einfall des Lichtes
von oben aber gestattet, ja fordert ein starkes Hoch-
relief überall, wo die Organisation durch plastische
Bauglieder auch ins Innere getreten ist, während
ohne diese die Innenseite der Mauern natürlich den
tektonischen Charakter der Wand als einheitliche
Fläche bewahrt und darnach für
die Horizontalstreifen