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Reliefanschauung und
Dekoration
die Ecke, wo sie viel selbständiger auftritt, dann
zeigt sich sofort, dass das leere Wandfeld geeignet
ist, kraft des Tiefblickes zum raumöffnenden Faktor
zu werden, d. h. sich als Fenster ins Freie oder in
einen Nachbarraum durchbrechen oder wenigstens
zur Nische erweitern lässt. Das ist auch ein Platz
für ein Gemälde, das den Bildraum im Sinne
eines eigenen Raumganzen entwickelt, oder für ein
Relief und zwar ohne Zweifel für das Tiefrelief
mit der selben Eigenschaft der Raumentfaltung, ja
der Perspektive. Die nächsten Wandflächen zu
beiden Seiten dieses Mittelstückes etwa, entsprechen
der örtlichen Voraussetzung schon nicht mehr so
vollauf, werden besser nicht im selben Sinne be-
handelt; ob gemalt oder gemeisselt. Die Ökonomie
ihrer Gestaltung wird sich mehr auf den wandern-
den Gesichtspunkt verlassen, also zu den tektonischen
Reliefarten greifen, die sich der succcssiven Auf-
fassung darbieten, und selbst im Flachrelief mehr
dekorativen Charakter bewahren. So vollends an
den Langseiten, an denen wir vorüberschreiten, be-
sonders wenn ihre Ausdehnung nicht so gross ist,
dass sie in sich wieder stärkere Abwechslung zwischen
Ruhepunkten und Fortschritt nahe legt.
Als eigentliche Region der Bildanschauung für
die Malerei haben wir die nächsthöhere anzusehen
gelernt, wo das Hincinragen unsrer Tastempfmdungen
und unsrer Ortsbewcgurng ganz aufhört bis auf An-
klänge, die unser aktives Schauen allzeit hervorruft.
In dieser freien Bilderzone ist auch kein Platz mehr
für
Statuen ,
Gruppen
und
Reliefs
VOH
stärkerm