der
Einheit
Die
GruPPe
Verschlingung aller Körper, wo alle als Teile eines
Ganzen von einander abhängig und in ihrer Haltung
gegenseitig bedingt erscheinen, wäre die letzte Kon-
sequenz; aber sie enthält auch die grösste Gefahr,
dass die Körpervorstellung, die klare Rechenschaft
über die ganze Gestalt des Einzelwesens, die der
Plastiker verfolgen muss, bei diesem körperlichen
Zusammenhang nicht mehr zu ihrem Rechte komme.
Die Ringergruppe in Florenz wäre darnach eine der
vollkommensten Lösungen dieses plastischen Pro-
blems. Die Verschlingung der Körper hat auch
Lionardo von der Gruppenbildung gefordert. Aber
es ist bezeichnend, dass die zahlreichen Darstellun-
gen der Madonna, der heiligen Familie oder S. Anna
selbdritt, die wir ihm selbst oder seinem Einfluss
auf die italienische Kunst am Anfang der Hoch-
renaissance verdanken, doch fast ausnahmslos ge-
malt sind, nur selten einmal in Rundplastik auf-
treten, Beweis genug für die Schwierigkeit. Im
Gemälde allerdings wirkt solche Gruppe in eminent
plastischem Sinne. 1)
Das Princip der möglichsten Annäherung an die
organische Einheit verbindet sich in diesen Leistun-
gen der Hochrenaissance, zu denen ja auch Rafaels
I) Ebendeshalb ist es aber ein Irrtum, wenn man sich Li0-
nardos Karton zur Reiterschlacht, also ein Breitbild vom Umfang
der „badenden Soldaten" von Michelangelo, allein mit dem Knäuel
von Reitern und Fussgängern im Kampf um eine Fahne ausgefüllt
denkt. YVas die Überlieferung bewahrt hat,' ist nur die Mittelgruppe,
der es an seitlichen Vermittlungen sicher nicht lgebrach. Vgl. Heft I,
S. 57, wo allerdings „Austrag" statt "Ausdruck" gelesen werden muss.