Lebensabend und Tod.
Charakteristik.
Dresdener Künstler geworden. „Er war ein munterer alter Herr", so schildert
ihn ein Zeitgenosse, der ihn in einer Gesellschaft kennen lerntef) „der Puder
liess nicht erkennen, 0b das Haar melirt, grau oder vielleicht schon weiss
war; obschon er eine Brille trug, blitzten dennoch seine Augensterne durch
die Gläser hindurch. Er trug einen braunseidenen Frack mit grossen Stahl-
knöpfen, brüsseler Manchetten und Busenstreif, eine geblümte blauseidene
Weste, und schien die Artigkeiten, welche seine Nachbarin Frau Seydelmann
ihm über seine Toielette machte,'gern anzunehmen".
Peinlich genau wie in seiner Kleidung war er auch in der Ausgabe
seines Vermögens. Er hat in dem kleinen Logis, das er 1766 bei seiner
Ankunft in Dresden gemiethet hatte, trotz des Zunehmens seiner Familie fast
bis zu seinem Tode gewohnt und hat es da nur gezwungen verlassen. „Er
bewohnte auf dem Altmarkte nur ein einziges grosses Zimmer mit zwei
Fenstern. Dies war seiner ganzen Länge nach durch eine spanische Wand
getheilt; in der einen Hälfte war des Künstlers Atelier aufgeschlagen, hier
hantierte er, hier empfing er den Besuch der Muse. In der andern Abtheilung
hielt sich seine Familie auf; dieser Raum war Wohn-, Ess- und Schlafzimmer
Alles in Einem. Zuweilen verpflanzte sich auch hierher ein Stück Kunst;
Graff rieb nämlich seine Farben selbst und pflegte dies dort zu besorgenWz)
Kein Wunder, dass sich bei solcher Sparsamkeit allmählich ein beträcht-
liches Vermögen bei ihm anhäufte. Er pliegte dasselbe seinen Verwandten
in Winterthur zur Bersorgung zu übergeben und in kleineren Capitalen in
der Schweiz auf Zins auszuleihen. Schon 1790 hatte sein Bruder Hans Rudolf
13522 H. 29 kr.3), Ende 1800 sein Vetter jacob Rieter 17946 H. 36 kr.4) für
ihn zu verwalten; bei seinem Tode soll sein Gesammtvermögen 40,000 Thaler
betragen haben. Dabei war er keineswegs geizig. Gar viele jüngere Künstler
und Künstlerinnen, welche seine Gastfreundschaft genossen, unter ihnen be-
sonders Luise Seidler, wissen von der reinen Herzensgüte, welche ihn aus-
zeichnete, von der jovialen Biederkeit, die das einfache Mahl würzte, zu er-
zählen.
Die Gebrechen des Greisenalters traten erst mit dem Jahre 1810 an ihn
heran. Bisher war er nur durch das Hinwegsterben jüngerer Freunde, neuer-
dings wieder durch den Tod seines Schwiegersohnes Kaaz (1810) daran er-
innert worden, dass er alt werde. Allmählich merkte er es auch an der
1) IIermann Kletke, Kunst und Leben, jugenderinnerungen Friedrich Förstefs p. 85.
2) Erinnerungen der Malerin Luise Seidler, herausg. von Hermann Uhde.
3) Brieflicher- Bericht Hans Rudolf GrafPs an seinen Bruder im Besitze des Herrn
Wilhelm Kraukling in Dresden.
4) "Uebersicht desjenigen Vermögens, so ich vor meinen Oncle, den Herrn Anton Graff
in Dresden unter meinen Händen zu besorgen habe, regulirt mit Martini 1300" im Besitze
des Herrn Wilhehn Kraukiing in Dresden.