Von
der
Ankunft
bis
ZU
Hagedonfs
Tod
0766
Als Graff am 7. April 1766 in Dresden ankam, erging es ihm wie jedem,
der aus seinem "der Welt entlegenen Ktlmmerlein" in das Treiben einer
grossen Stadt versetzt wird: er wusste sich nicht zurecht zu finden und fühlte
sich unglücklich. Als er vor zehn Jahren von Winterthur nach Augsburg
gegangen war, hatte er den Empfehlungsbrief Schel1enberg's an Haid in der
Tasche; in Ansbach hatte er als Malergeselle in der Familie seines Lehr-
herrn gelebt; bei seiner Rückkehr nach Augsburg war er wieder von Haid
versorgt worden: jetzt zum ersten Male sollte er sich selbst eine Wohnung
schaffen. Er zeigte sich dabei so unentschlossen, dass selbst Hagedorn seine
Schüchternheit auffiel und er seiner Verwunderung darüber in einem Briefe
an Heidegger Ausdruck gab".1) Erst nach langem Suchen fand er bei Frau
Magdalena Sophie Weinlig geb. Schomburg, der Wittwe des Bürgermeisters
Christian Weinlig, die Wohnung, die er seitdem beinahe bis zum Schlusse
seines Lebens inne hatte. Es war ein grosses Zimmer in dem Hause N0. 9
am Altmarkt, das heute die Strassennummer 20 und die Katasternummer
425 trägt?)
Salomon Gessner suchte ihn durch aufmunternde Briefe in seiner Ein-
samkeit zu trösten; vom Schultheissen ]0hannes Sulzer in Winterthur traf ein
grosses „a Monsieur Graff peintre tres-celebre ä. Dresde" addressirtes Gratu-
lationsschreiben einß) Was ihn aber am meisten mit dem Dresdener Leben
I) Briefe über die Kunst von und an Christian Ludwig von Hagedorn, herausgegeben
von Torkel Baden, p. 200.
2) Johann Gottlieb August Kläbe: Neuestes gelehrtes Dresden oder Nachrichten von
jetzt lebenden Dresdner Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern, Bibliotheken und Kunstsammlern.
Leipzig 1796, p. 43 u. 49.
3) Es beündet sich im Besitz des Herrn Wilhelm Kraukling in Dresden.